Nachhaltigkeit oder Green Producing wird auch in Österreich ein immer größeres Thema. Das Österreichische Filminstitut (ÖFI) und der Wiener Film Fonds (FFW) haben ihre Förderrichtlinien zum nachhaltigen Produzieren angepasst. Diese verlangen wie in Deutschland nachhaltige Dienstleistung. Somit ist auch der Casting Director gefragt.
Wir sprachen hierzu mit Casting Director Marion Rossmann, seit 2021 zertifizierte Green Consultant für Film & TV.
Marion Rossmann wurde in Scheibbs/Niederösterreich geboren und studierte an der Universität Wien Geschichte, Kunstgeschichte und Europäische Ethno- logie. Während ihres Studiums arbeitete sie im Bereich Fim und Fernsehen und war bei diversen österreichischen Sendern und Produktionsfirmen im Bereich Produktion tätig. Seit 2004 betreut sie zusätzlich den Bereich Besetzung und Casting und ist seit 2010 als freier Casting Director tätig. Sie ist Mitglied im Bundesverband Casting (BVC) und im Verband Österreichischer Casting Directors (VOeCD).
Das Thema Umweltschutz und achtsamer Umgang mit Ressourcen ist ihr privat wie beruflich sehr wichtig, wie sie Tina Thiele im folgenden Interview verriet.
Grünes Drehen, Green Producing – welchen Begriff bevorzugen Sie?
Es ist ein breites und internationales Thema, für das es verschiedene Ausdrücke gibt, von Green Filming über Green Shooting über Green Producing oder Grünes Drehen. Ich persönlich finde das Wort „Grün“ etwas problematisch. Grün kann auch Green Washing sein, was letztendlich einen negativen Zugang beinhalten kann. Ich finde im Deutschen das Wort „Nachhaltigkeit“ (oder englisch: sustainable) am stichhaltigsten und konkretesten.
Im April 2021 haben Sie als Casting Director die Ausbildung zur zertifizierten Green Consultant für Film und TV gemacht. Wie kam es dazu?
Ich hatte einen Vortrag von Philip Gassmann gehört, der einen wahnsinnig gut mitnimmt und die Vision transportiert: Wir müssen etwas tun. Für die IHK-Ausbildung musste ich mich vorab bewerben, da schon die Frage gestellt wurde: Was will ein Casting Director mit Nachhaltigkeit? (lacht). Es ist wohl gut gelaufen, und ich wurde genommen. Umweltschutz und achtsamer Umgang mit Ressourcen ist mir sehr wichtig und durch mein Elternhaus fast in die Wiege gelegt worden. Natürlich ist man als junger Mensch dann nicht immer auf der Welle der Eltern, aber man ist so sozialisiert worden. Im Laufe meines Berufslebens habe ich viele Projekte erlebt, bei denen einfach auf nichts geachtet wurde, solange es das Budget hergegeben hat! Das war aber auch eine andere Zeit, und keiner hat sich darüber Gedanken gemacht, wie sich das auch die Umwelt auswirkt. Ich war immer fassungslos, wie viel nach einem Dreh entsorgt wird. Schon damals habe ich der Produktion Requisiten, Kleidung und Ausstattungselemente abgekauft – nach dem Motto: Das ist doch noch gut, warum kommt das auf den Müll?
Welche Inhalte hatte die Ausbildung?
Die Ausbildung ist sehr umfangreich und geht über mehrere Wochen über Präsentationen, eine schriftliche und mündliche Prüfung bis hin zur Zertifizierung. Es werden alle Themenbereiche einer Produktion behandelt, sowohl im fiktionalen und dokumentarischen als auch im Non-Fiction-Bereich, also Shows, Magazine etc. Es geht um Technik, Verbrauch von Energie, aber genauso um nachhaltige Kosmetik und faire Mode. Als ich die Ausbildung begonnen habe, gab es in Österreich noch keine. Ich habe daher bei Philipp Gassmann in Deutschland gelernt. Seit Frühsommer 2021 unterrichtet er auch an der LAFC in Österreich, die mit dem Evergreen Prisma, das Green Producing Netzwerk Österreichs ist.
Wer lässt sich ausbilden?
Es geht durch alle Gewerke: Kamera, Produktionsbereich, Aufnahmeleiter*innen, aber auch Kostüm- bildner*innen, wo es ein großes Thema ist, und ich meine auch Schauspieler*innen. Je mehr Wissen und Bewusstsein in der Richtung verbreitet wird, desto besser. Es gibt auch einzelne Workshops, die unterschiedlich angebunden werden. Jeder, der sich das anhören möchte und das lernen möchte, soll das machen. Je mehr Menschen darüber Bescheid wissen, umso leichter wird es auch letztendlich umzusetzen sein und desto größer wird die Akzeptanz und die Filmindustire wird umweltfreundlicher. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir, und damit meine ich die gesamte Branche, die Konsument*innen mit unserer Arbeit beeinflussen.
Was sind die wichtigsten Co2-Fresser aus Consultant-Sicht?
Aus Consultant-Sicht geht es sehr viel um Energievermeidung bei Film und Medienproduktionen – ich verwende mal den Überbegriff Medienproduktionen, weil nicht alles Film ist. Da ist natürlich Reisen und Stromverbrauch das große Thema. Das macht mit 30 – 40 Prozent den größten Impact aus. Es gibt hierzu eine amerikanische Studie, die das mal berechnet hat: Bei Hollywoodproduktionen sind es so um die 50 Prozent, die nur Energie ausmachen. Da gibt es natürlich alternative Lösungen, ob das jetzt E-Fahrzeuge sind oder Hybridfahrzeuge oder mit CNG betriebene, oder alternative Lösungen für die Stromversorgung am Set. Aber all das muss auch am Markt verfügbar sein. Gerade der Mark im E-Fahrzeugbereich zeigt Lieferungsengpässe auf.
Alle wollen nachhaltig produzieren. Wie sieht der Markt dafür aus?
Wir sind gerade in einer Situation, in der alle wollen und möchten. Doch der Bedarf ist größer als das Angebot, das im Markt besteht – im Moment. Deswegen ist es auch sehr gut, dass es eine Übergangsphase gibt, weil die Richtlinien schon sehr eindeutig sind und jedes Department, durchleuchtet wird. Es wird genau geschaut: Wo liegen da die großen Verschwender*innen? Und da meine ich jetzt nicht nur Energie und CO2, das durch Reisen usw. erzeugt wird, sondern auch wirklich eben vom Kostüm über Maske, Ausstattung und Locations, die man schon so sucht, dass man einiges einsparen kann. Man muss nicht das ganze Motiv umbauen, sondern das hat viele Sachen, die man übernehmen kann, oder dort gibt es einen guten Stromanschluss. Wir müssen nicht so ein bösartiges Dieselaggregat da vor die Tür stellen und das dann tagelang durchlaufen lassen.
Was genau umfassen die Aufgaben eines Green Consultant?
Es hat sehr viel mit Effizienz zu tun. Man geht alle Handlungsabläufe durch und schaut, wo können wir Mehrfachwege oder auch Doppelkäufe minimieren? Da hängt auch viel mit der Drehplanlegung zusammen, auch mit den Motiven, dass man sich überlegt, in welcher Reihenfolge man die abdrehen kann, sodass man auch Fahrten spart. Für mich ist es wahnsinniger Denksport, weil man mit gemeinsam allen Departments jedes Mal die Handlungsabläufe durchdenkt und überlegt, was können wir schon allein aufgrund der Effizienz sparen? Was stellen wir um, oder ersetzten es durch energiesparende Alternativen? Je effizienter das Projekt angelegt wird, die Verfügbarkeit von Motiven und Schauspieler*innen anschaut werden und dann alles so effizient wie möglich geplant wird, können natürlich auch Produktionskosten eingespart werden. Das passiert immer in enger Absprache mit der Produktion. Man darf nicht vergessen, der Green Consultant hat Beratungsfunktion und arbeitet immer im Teamwork.
Sie kommen ursprünglich aus dem Produktionsbereich, bevor Sie Casting Director wurden.
Wie wichtig ist der Zahlenblick aufs Ganze?
Natürlich hat man schon noch einen gewissen geschäftlichen Blick drauf, weil man die Produktionsleiterin in sich ja nicht loswird. Natürlich kenne ich auch die Schwierigkeiten, die eine Produktionsfirma mit einer speziellen Besetzung oder mit den Anforderungen eines Drehbuches, hat. Aber, speziell bei der Besetzung, geht es dann mehr um Reisedistanzen oder um Wohnmöglichkeiten und um die Verfügbarkeit von Schauspieler*innen. Ein Budget ist so groß, wie es ist. Die Produktion ist da schon oft mit sehr hohen Reisekosten und zur Verfügung Stellung von Unterkünften gefordert.
Eigentlich beginnt ja alles beim Drehbuch ...
Absolut. Da gibt es die ersten Ausbildungen und Workshops auch in die Richtung Green Storytelling. Das beinhaltet zum einen, dass nachhaltige Themen aufgegriffen und erzählt werden, und zum anderen auch, dass im Drehbuchschreiben schon mit überlegen werden kann, inwiefern durch beschriebene Motive, Spezialeffekte, Kostüme, etc. der Aufwand und somit der Verbrauch minimiert werden kann. Das ist immer eine Gratwanderung und auch ein zweischneidiges Schwert. Die künstlerische Freiheit und die Fantasie sollten uneingeschränkt bleiben! Die schöpferischen und gestalterischen Abteilungen dürfen ja nicht zu sehr eingeengt werden. Es macht auch keinen Sinn Serien und Filme herzustellen, die zwar effizient und energieschonend produziert worden sind, aber dadurch in der Kreativität eingebüßt haben. Prinzipiell sollten Drehbücher nicht von vornherein finanziellen Parametern unterliegen, genauso wenig wie durch Nachhaltigkeitsregeln eingeschränkt werden. Aber wie immer, müssen Kompromisse gemacht werden und in Bezug auf Nachhaltigkeit, sehe ich weniger Einschränkungen, da sich die Filmtechnologie rasant entwickelt und Dinge ermöglicht, die vor ein paar Jahren noch als nicht machbar galten.
Welche Anknüpfungspunkte hatte die Ausbildung zum Casting?
Das Schöne an der ganzen Geschichte – ähnlich zum Beruf des Casting Directors – ist, man ist nie fertig mit seiner Ausbildung. Der Beruf verändert sich permanent und man muss sich immer up to date bleiben. Das ist ja beim Casting auch so: Es verändert sich die Gesellschaft, die politischen Umstände, wie die Menschen drauf sind, wie sie sich definieren und wie sie miteinander interagieren. Das müssen wir im Casting auch immer mitbetrachten, und man muss immer mit offenen Augen durch die Welt und die Gesellschaft gehen, um diese Eindrücke zu sammeln und analysieren zu können. Sehr ähnlich ist das auch beim Green Producing und Consulting. Der Beruf entwickelt sich dauernd weiter. Es kommen neue Technologien auf den Markt, politische Entscheidungen werden getroffen, Förderrichtlinien ausgegeben oder überarbeitet. Das heißt, man ist immer gefordert, sich fortzubilden. Genauso wie der Casting Director sich immer einen Branchenüberblick schaffen muss, quasi ja berufsmäßig fernsieht, streamt, ins Kino oder ins Theater geht, muss der Consultant auch immer am Thema dranbleiben.
Was können Sie konkret im Casting-Bereich verändern?
Mein Casting-Studio ist nach den gängigen Regeln umgestellt, also Ökostrom, energiesparende Geräte und Speicherung von Daten, papierlose Kommunikation, Meetings per Zoom, um Reisen zu sparen. Wo ich kann, fahre ich Bahn. Und nachhaltiger Einkauf bei Verbrauchs- und Büromaterialien, bei Lebensmitteln regional, saisonal und bio. Natürlich gibt es einen Punkt, der mein Castingherz sehr schmerzt: Ein E- oder Online-Casting, das zwar nachhaltiger, hat aber nicht immer dieselbe Qualität hat wie ein Live-Casting. Aber eine*n Schauspieler*in mal schnell für eine Stunde Casting von Berlin nach Wien zu fliegen, geht halt einfach nicht mehr. Bahn fahren ist hier eine Alternative, aber das ist für ein Casting dann doch sehr zeitaufwendig, und Zeit hat ja bekanntlich in unserer Branche niemand mehr.
Was hat Casting mit Nachhaltigkeit zu tun?
Die Prozesse haben sich im technischen Sinne insofern verändert, als dass mehr online stattfindet. Das ist jetzt primär keine „grüne“ Sache, sondern eher Corona-bedingt. Im politischen Sinne verändert sich das Bild auf die Gesellschaft – und das war auch höchste Zeit! Das Bild der Gesellschaft wird jetzt endlich mehr so wahrgenommen, wie sie auch tatsächlich ist, und letztendlich auch in der Besetzung widergespiegelt. Nicht, dass Casting Directors das nicht immer schon versucht hätten, aber die Akzeptanz und die Wahrnehmung von Auftraggeber*innen hat sich endlich geändert.
Wie beschreiben Sie für sich den kreativen Casting-Prozess, und welchen politischen Einfluss kann das haben?
Man sieht es ja schon bei Kindern, wie sehr die sich an Figuren aus dem Fernsehen orientieren, Heldenfiguren kreieren oder nachspielen. Und das hört ja beim erwachsenen Menschen nicht auf. Ich glaube auch nicht, dass man immer alles erklären muss. Ich finde immer, es ist alles so übererklärt mit sperrigen Background-Stories. Da kommt jetzt ein*e türkische*r Mitarbeiter*in und man muss dann in fünf Sätzen erklären, warum der oder die jetzt Deutsch spricht, aber mit türkischem Akzent und vielleicht eine etwas dunklere Hautfarbe hat. Es erklärt mir ja, wenn ich jetzt in eine Firma gehe, auch nicht ein*e Mitarbeiter*in, wo er oder sie herkommt, bevor ich das Gespräch mit ihm oder ihr beginne. Das ist immer so absurd. Das ist einfach ein Fakt und fertig! Aber auch hier hat sich in den letzten Jahren einiges zum Guten verändert, stellt uns aber auch manchmal vor Probleme, die wir nicht immer beheben können.
Was bedeutet das in der Casting-Praxis?
In erster Linie sucht man, den besten oder die beste Schauspieler*in für diese Rolle, und auch die/den authentischste*n. Beispielsweise, wenn da jetzt ein spezielles Herkunftsland, irgendeine optische Voraussetzung oder eine Rolle mit besonderen Bedürfnissen, wie Rollstuhlfahrer*in geskriptet ist. Ich versuche natürlich zuallererst immer, so original und authentisch wie möglich zu besetzen. Aber wir wissen auch, da kommt Verfügbarkeit, sowohl die zeitliche als auch regionale, dazu. Oder man findet einfach nicht den passenden oder die passende Schauspieler*in genau für diese Rolle. Der Besetzungs- und Castingprozess unterliegt ja meist auch einem zeitlichen Druck. Dann kann es natürlich auch sein, dass man umdenken muss und sich entschließen muss, dann ein*e gehende*r Schauspieler*in, der/die in einen Rollstuhl zu setzen. Ich würde natürlich immer lieber die tatsächlich authentische Person besetzen. Oft haben wir Casting Directors überhaupt nicht die Möglichkeit, eingehend zu recherchieren, groß angelegte Aufrufe zu machen, auf Rückläufe zu warten, E-Castings einzuholen, oder was sonst noch alles zu den Besetzungsprozessen dazu gehört. Oft muss es ja innerhalb von ein paar Tagen besetzt sein. Die Zeitvorgaben, die wir als Casting Directors bekommen, werden auch immer kürzer. Genauso wie die gesamten Produktionszeiten. Da kommt es leider auch zu nicht 100 Prozent authentischen Besetzungen, die wir nicht toll finden, aber die einfach den Umständen geschuldet sind.
Haben Sie dafür ein Casting-Beispiel?
Ich muss sagen, den ersten Spin, den ich in der Richtung machen konnte, war auch meine erste große Serie, die den Österreichischen Rundfunk besetzen durfte. Die hieß „CopStories“. Es wurden 40 Folgen in 4 Staffeln und einen Fernsehfilm davon produziert. Da hatten wir eine Gerichtsmedizinerin mit türkischem Hintergrund. Dafür habe ich eine ganz großartige Schauspielerin, Alev Irmak gecastet. Alev war beim Casting hervorragend. Irgendwie konnte ich ihren Akzent aber nicht richtig zuordnen. Ich sagte dann: „Alev, wenn du jetzt versuchst, deinen türkischen Akzent zu unterdrücken, bitte, dass musst du nicht, der ist super“. Sie meinte: „Nee, ich habe keinen türkischen Akzent, ich bin Vorarlbergerin.“ Und dann haben wir genau damit gearbeitet – wir haben die Szenen einfach auf Vorarlbergisch gemacht. Und letztendlich war es dann auch in der Serie so: Sie war einfach eine Vorarlbergerin türkischer Herkunft. Alev ist ganz klar Österreicherin, aber ihr Heimatdialekt wird im Osten Österreichs nur in abgemilderter Form verstanden. Soviel zum Thema, sozialpolitischer Einfluss auf Casting.
Colour-Blind-Casting ist seit gut einem Jahr eine wichtige Debatte in Österreich.
Mögen Sie hier mal einen Einblick geben?
Ich denke, da kann ich Ihnen dieselbe Antwort wie in der Frage davor geben: Es geht darum, wie unsere Gesellschaft aussieht. Mit allen Menschen, egal aus welchen Ländern, Regionen oder Erdteilen sie kommen, und die in Österreich leben. Filme erzählen Geschichten von Menschen, und diese Menschen gilt es, authentisch zu besetzen und darzustellen und nicht Klischees zu bedienen.
Wie unterscheidet sich die österreichische Casting-Landschaft von der in Deutschland oder der Schweiz?
Ich würde sagen, nichts Besonderes. Österreich ist im Gegensatz zu Deutschland ein sehr kleines Produktionsland und die großen VoD-Plattformen haben uns noch nicht richtig „entdeckt“. Aber es gibt sehr schöne Produktionen in Österreich und gerade im Kinobereich sehr innovative Projekte, die auch international gut ankommen und auf die wir sehr stolz sein können.
Wie reagieren Schauspieler*innen auf das Thema?
Ich muss sagen bei den Schauspieler*innen bin ich immer ganz positiv überrascht. Da gibt es generell ein großes Commitment zur Nachhaltigkeit. Vor allem bei der jüngeren Generation merkt man das ganz stark – für die ist das natürlich ein großes Zukunftsthema. Ich bin jetzt Mitte Ende 40, ich zähle mich nicht mehr zur jüngeren Generation. Aber wirklich wichtig ist, nicht nur aus seiner eigenen Perspektive aus zu denken. Auch wenn Umweltveränderungen mich persönlich nicht mehr so stark betreffen, dann betrifft es meine Kinder, meine Enkelkinder, Nichten, Neffen und alle Generationen, die nach mir kommen.
Welche Stellschrauben kann eine*e Schauspieler*in angehen?
Ein*e Schauspieler*in kann Produktion und dem Green Consultant bei seiner Arbeit entgegenkommen und unterstützen. Zum Beispiel auf den Flug verzichten und stattdessen mit der Bahn fahren, Second-Hand-Kleidung im Kostüm akzeptieren und gegebenenfalls auch eigene Kleidung beisteuern, bevor extra etwas angekauft werden muss. Vegetarisches oder veganes Catering bevorzugen, ökologische Make-up-Produkte akzeptieren oder auch zu fordern, bei der Unterkunft Kompromisse in Kauf nehmen, wenn sie ökologischer sind, das Aufenthaltsmobil mit Kollegen teilen. Der Fuhrpark, das Fliegen und die „Base-Mobile“ sind die Energiefresser! Es gibt eine tolle Initiative von changemakers.film, die auch über 100 Schauspieler*innen unterschrieben haben: changemakers.film
Auf was kann eine Agentur achten?
Die eigenen Schauspieler*innen für das Thema sensibilisieren. Green Producing ist Team Work, und nur, wenn alle Departments – und das sind auch Schauspiel und die Agenturen, die im Hintergrund stehen – mithelfen, dann kann einiges bewegt werden und hat einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt, die sich leider rasant verändert.
Wie „grün“ ist die Filmbranche eigentlich schon?
Es tut sich viel! In Deutschland gibt es das Green Motion, eine Selbstverpflichtung von Sendern, VoD-Plattformen, Produktionsfirmen und Förderinstitutionen mit ökologischen Mindeststandards, die seit 1.1.2022 in Kraft ist www.oekologische-mindeststandards-greenmotion.de. Diese wird ab dem 1. Januar 2023 für Produzent*innen verpflichtend, die Förderung haben wollen. In Österreich verlangt das ÖFI und der FFW nachhaltige Maßnahmen für den geförderten Kinofilm. Auch da gibt es Mindestanforderungen, die zu erfüllen sind. Als Wissenstransfer agiert in Österreich ganz hervorragend die LAFC mit dem Green Prisma www.lafc.at/greenguide.
Wie sieht das in Österreich auf politischer Ebene aus?
In Österreich haben wir aktuell eine grün/schwarze Bundesregierung. Aber bei uns ändert sich das ja auch immer wieder mal … (lacht). Aber natürlich ist es so, dass die Partei „Die Grünen“, egal on in Österreich oder Deutschland, das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz von der Basis her und in deren politischen Lebensart implementiert haben. In Österreich haben wir eine wirklich tolle Umweltministerin, die, meiner Meinung nach, sehr viel bewegt und überfällige Maßnahmen voran schiebt.
Gibt es eine Selbstverpflichtung zum ökologischen Mindeststandard auch in Österreich?
Diese Selbstverpflichtung von Sendern und Produktionsfirmen usw. und Förderinstitutionen aus Deutschland wurde von der M F G – Filmförderung unter der Leitung von Carl Bergengruen, Philipp Gassmann und Team sowie den changemakers u.a. sehr erfolgreich in die gesamte Branche getragen. So breit aufgestellt gibt es das in Österreich noch nicht. In Österreich gibt es, wie erwähnt, das österreichische Filminstitut (ÖFI) das jetzt auch erstmals in Österreich einen Nachhaltigkeitsleitfaden in Förderanträge mit implementiert hat, den es auch einzuhalten gilt. Der Film Fonds Wien (FFW) gibt die ÖFI Richtlinien ebenfalls als Empfehlung raus. Es gibt eine Übergangsfrist, um zu sehen, was auch tatsächlich umsetzbar ist. Da muss sich der Markt, die Dienstleister und die gesamte Branche auch erst umstellen und das benötigt noch etwas Zeit.
Was können die Auftraggeber*innen verändern?
Es gibt noch Luft nach oben, denn es verändern sich dadurch nicht die Budgets. Alles, was jetzt an nachhaltigem Produzieren passiert, muss in den aktuellen Budgets untergebracht werden. Entstehende Kosten durch grünes Produzieren werden als förderwürdig anerkannt, aber das geförderte Gesamtbudget für eine Produktion bleibt letztendlich das gleiche. Im Moment ist nachhaltiges Produzieren noch teuer und das schmälert letztendlich das Budget. Das finde ich persönlich sehr schade. Ich finde schon, dass dieser nachhaltige Gedanke auch was wert sein muss. Genauso, wie es etwas wert sein muss, dass ich Schauspieler*innen nehme, die gut bezahlt sind, weil sie meinen Film oder mein Projekt auf die Leinwand bringen und nach außen tragen. Das betrifft jedes Department. Letztendlich passiert das, was für mich eines der schlimmsten Dinge ist: Das Budget wird knapper. Und die häufigste Konsequenz aus einem knapperen Budget ist, die Kürzung von Arbeits- und Drehzeiten. Alles, was unter Stress passiert, kann meiner Meinung nach nicht hundertprozentig gut werden. Das betrifft, aus meiner Sicht, alle Departments.
Wie kann den Auftraggeber*innen geholfen werden?
Da ist meiner Meinung nach, die Politik gefordert. Wenn der Wunsch nach nachhaltigen Produkten da ist, muss auch das nötige Budget bereitgestellt werden. Die Branche kämpft in Österreich immer um Budget- oder Fördergeldererhöhung. Durch Covid ist die Situation noch angespannter geworden. Ich verstehe Nachhaltigkeit nicht nur als ökologische Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit bedeutet auch, menschliche Ressourcen zu schonen und ökosozial einzusetzen. Wir haben ja im Gegensatz zu Deutschland in Österreich einen Kollektivvertrag mit einer 60-Stunden-Woche. Und wir haben in vielen Departments ein Problem mit dem Nachwuchs. Viele wollen sich ein Arbeiten beim Film nicht mehr antun. Die Filmbranche ist nicht gerade eine familien- oder lebensfreundliche Branche. Wenn man zum Beispiel, heute zwei Kinder hat, eins im Kindergarten und eins der Schule, und beide Eltern oder zumindest ein Elternteil arbeitet am Set – dann ist das fast nicht mehr zu managen. Auch das verstehe ich unter Nachhaltigkeit – unsere Branche lebenswerter zu machen.
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Mixed Reality Studios Stephan Schenk hat als General Manager Global Sales & Solutions die Verantwortung für den weltweiten Vertrieb und Service der Hardwareprodukte sowie für das Solutionsgeschäft von ARRI. Die Zeiten, in denen Filmcrews zu exotischen Locations um den halben Erdball fliegen, sind vorbei. Im Mixed-Reality-Studio lassen sich die Koordinationen von Raum und Zeit nach Bedarf definieren. Das Herzstück bildet eine gebogene LED-Wand, welche die virtuellen Welten abbildet, in denen sich die Schauspieler*innen bewegen. (Quelle: A Matter of Time and Space) www.arri.com |
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Österreichisches Ökolabel Grüne Filmproduktionen können in Österreich bereits seit 2017 eine Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen (ZU 76) erhalten. Das , In das Ökolabel eingebettet sind der CO2-Rechner und das Service-Portal Evergreen Prisma der LAFC. 2021 haben 30 Film- schaffende die LAFC-Ausbildung absolviert und sich in dem Berufsverband Green Film Consultant Austria (GFCA) zusammengeschlossen. Zu ihnen gehört auch Barbara Weingartner, die als erstes grünes Projekt Achmed Abdel Salams Regiedebüt, den Animationsfilm „Heimsuchung“, begleitet hat. www.filminstitut.at/heimsuchung |
Trinkwasserkonsum am Set |
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The Refresher Boxx Für das Reinigen von Kostümen gab es bislang kaum umwelt- und und ressourcenschonende Lösungen. In diese Marktlücke stößt das deutsche Infinity Start-up mit seiner preisgekrönten Refresher Boxx. Das patentierte Verfahren basiert auf der Kombination von Licht, Sauerstoff, Temperatur- und Luftdruck- modi. Dank dem Stromverbrauch von 0,2 kW ist die Reinigung mit zwei Cent pro Kleidungsstück günstiger als in der Waschmaschine. Je nach Größe kosten die Boxen 576,00 (S), 2351,00 Euro (M) und 3.651,00 Euro (L). (Quelle: Fresh Fashion). www.refresherboxx.com |
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