Steckbrief Corinna Glaus
Die gebürtige Schweizerin Corinna Glaus sammelte bereits in den 1970er Jahren Erfahrungen in der Dramaturgie und im Bereich Regieassistenz an verschiedenen deutschen Staatstheatern. In dieser Zeit entstanden auch eigene Inszenierungen in der freien Theaterszene. 1980 begann sie beim Schweizer Spielfilm. Über die Regieassistenz, bis hin zur Script Continuity, lernte sie auch den Casting-Bereich kennen, welchen sie 1995 zu ihrer Hauptaufgabe machte und besetzt seit 1997 mit Glaus Casting nationale und internationale Projekte im Kino-, Fernseh- sowie Werbebereich. Darüber hinaus fokussiert sie ihr Augenmerk auf die Entdeckung und Förderung neuer Talente: Vor sechs Jahren rief sie, zusammen mit ihrer Kollegin Susan Müller, das Projekt „Junge Talente.ch” ins Leben. Parallel unterrichtet sie im Casting- und Schauspielbereich an verschiedenen Hochschulen. Auf der Berlinale 2013 lief jüngst außer Konkurrenz Bille Augusts „Nachtzug nach Lissabon”, für den sie das Schweizer Casting übernahm. Am 7. März wird die Koproduktion aus Deutschland, der Schweiz und Portugal in den deutschen Kinos starten. Außerdem verhalf sie unter anderem auch den Jungstars Carla Juri 2013 und Max Hubacher 2012 mit ihren Besetzungen jeweils zum Shooting Star der Berlinale.
Seit 1997 führen Sie erfolgreich ein Casting Büro in der Schweiz. Wie sind Sie überhaupt zum Casting gekommen?
Zum Casting bin ich wie die meisten meiner Kollegen über Umwege gekommen. Nach dem Abitur habe ich mit dem Studium in den Fächern Ethnologie und Volkskunde angefangen, immer mit der Idee, dass ich gerne am Theater arbeiten möchte! Schlussendlich habe ich das dann auch in Deutschland realisiert. Zurück in der Schweiz habe ich zunächst selbst in der freien Szene Stücke inszeniert und bin irgendwann zum Film gekommen. In der Schweiz gab es bis dahin keinerlei professionelle Casting-Büros. Beim Fernsehen gab es bis dahin eine eher vernachlässigte Schauspielerdatei, die nur ab und zu mal von Produktionsleitern gefüttert wurde.
Mögen Sie an dieser Stelle Ihre und die Geschichte des Schweizer Castings skizzieren?
Ganz klar ist die Geschichte von Wellen geprägt: In den 1950er Jahren gab es, allen voran, Filme, die in schweizerdeutscher Sprache gedreht wurden. Diese wurden dann teilweise mit deutschen Schauspielern besetzt, die sich bemühten, Schweizerdeutsch zu sprechen (lacht). Lange Zeit wurde dann nur noch in „Hochdeutsch“ gedreht und die Schweizer Produktionen haben ausschließlich in Deutschland gecastet. In den 1990er Jahren gab es – zumindest in der deutschsprachigen Schweiz – eine Wiederentdeckung unserer Sprache: Sowohl Kino- als auch Fernsehfilme wurden in Originalsprache, also Schweizerdeutsch, gedreht. In dieser Zeit war ich als Regieassistentin tätig und mit einem Schauspieler liiert, so dass viele Regisseure auf mich zukamen und fragten: „Du kennst doch so viele Schauspieler. Weißt du nicht noch jemanden?” - da habe ich diese Marktlücke realisiert. Zudem hatte ich ein Kind und wollte nicht mehr ständig auf Dreh sein, also habe ich entschieden: Ich steige da ein und versuche das aufzubauen. Weiterhin als Regieassistentin tätig, habe ich parallel versucht, als Casterin Fuß zu fassen. Ganz klar, es war eine ziemlich harte Aufbauarbeit, denn die ersten Jahre konnte ich nicht davon leben. Ein neuer Meilenstein, war schätzungsweise das Jahr 1991: Das Schweizer Fernsehen hatte Ruth Hirschfeld als feste Casterin engagiert und Casting als Beruf wurde immer mehr wahrgenommen und professionalisiert.
In welchen speziellen Bereichen sind Sie als Casting Director tätig?
Ich kann es mir natürlich nicht immer aussuchen und würde manchmal auch gerne absagen… doch ich bin selbstständig und das heißt auch, Kompromisse zu machen. Grundsätzlich besetze ich Spielfilme für Kino und Fernsehen - aktuell mehr Kinoproduktionen als fürs Fernsehen. Ab und zu kommt es vor, dass Regisseure, mit denen ich beim Film arbeite, Werbe-Produktionen machen und mich für die Besetzung anfragen, was für mich dann auch Sinn macht. Ebenfalls hat es sich ergeben, dass ich Jugendliche für Hauptrollen besetzen sollte und mich so in das Spezialgebiet des Jugend-Castings eingearbeitet habe. Gerade in diesem Bereich braucht man viel Zeit und Raum.
Was verstehen Sie persönlich unter Casting?
Meine Arbeit verstehe ich als künstlerische Dienstleistung an Regie und Produktion mit dem Ziel dem Auftraggeber bei der Realisierung seines Filmes, so gut als irgend möglich, mit meinem Wissen und Können zu helfen. Das Casting ist der erste Moment, bei dem die Regie mit den Schauspielern zusammen kommt. Diese erste Begegnung von Künstlern ist ein sehr sensibler Moment, insbesondere, wenn der Regisseur auch noch der Drehbuchautor des Projekts ist. Nach jahrelangem Schreiben hat er bestimmte Figuren im Kopf…und plötzlich kommt da ein Schauspieler daher und bringt diese Figur zum Leben. Dieser erste Moment der wechselseitigen Begegnung ist für mich ein unglaublich spannender Augenblick, geradezu ein Schlüsselmoment. Denn nicht selten kommt es vor, dass Regisseure oder Autoren hier schon fast physische Widerstände oder aber auch extreme Freude entwickeln. Hier wird sozusagen eine Geschichte vom Papier lebendig… Es geht also bei einem Casting nicht darum, herauszufinden ob der Schauspieler gut ist oder nicht, sondern ob er die Regie zu dieser Figur und zu einer Zusammenarbeit inspirieren kann - und ob er oder sie in das ganze Puzzle, also Ensemble, hineinpasst.
Gibt es denn Besonderheiten oder Alleinstellungsmerkmale in der Schweizer Casting-Landschaft, die einen Unterschied zu der in Deutschland oder Österreich ausmachen?
Was bei uns im Verhältnis zu Deutschland sicher anders ist, ist in der Tatsache begründet, dass wir eine kleine Filmindustrie sind. Daher gelten auch ein wenig andere Bedingungen fürs Casting. Eine ganz simple und banale Angelegenheit ist schon, dass es bei uns keine Schauspieleragenturen gibt. Schauspieler, die regelmäßig drehen, werden in der Regel von deutschen Agenturen vertreten. Das erschwert uns manchmal die Arbeit, weil viele Schauspieler – etwa 90 Prozent hier in der Schweiz – von der Bühne leben; allenfalls noch von Sprecharbeiten, aber nicht vom Film. Das hat zur Folge, dass sie zwar unglaublich gern drehen möchten, aber ganz schlecht dokumentiert sind. Karteien mit guten Fotounterlagen fehlen und es gibt keine Showreels. Das alles müssen wir letztendlich selber erarbeiten. Sehr oft passiert es, dass ich einen Schauspieler in einem Stück sehe und denke, der ist ganz toll und wenn ich ihn frage: „Hast Du Unterlagen? Ich möchte Dich gerne für eine Produktion vorschlagen.“ – dann schickt er mir eine handgeschriebene Vita mit einem kleinen Bild. Es liegen also teilweise Welten dazwischen (lacht).
Anders als in Deutschland, dem Land der Datenbanken?
In Deutschland wird vielfach nur übers Band besetzt. Dies kommt hierzulande glücklicherweise kaum vor, auch weil wenige oder zu schlechte Bänder vorhanden sind. Schlussendlich sagt man dann: „Lass uns die Schauspieler lieber vor die Kamera einladen”. Diese persönliche Begegnung mit der Regie oder mir bringt sowohl den Schauspielern selbst, als auch der Castingarbeit viel mehr. Weitere Schweizer Besonderheiten sind die Sprachenvielfalt und die Dialekte. Bei der Rollengestaltung spielt die kulturelle, geographische und soziale Herkunft und Umgebung eines Charakters eine wichtige Rolle. Gewisse Regisseure legen großen Wert darauf, andere überlassen diese Arbeit den Schauspielern. Auf alle Fälle ist das Thema Sprache beim Casting und vor allem schon bei der Vorauswahl wichtig.
Inwieweit macht es Sinn, dass sich Schauspieler, die keinen Schweizer Background haben, also „nur” aus Deutschland stammen, bei Ihnen melden und wenn ja, in welcher Form?
Ich kann es umgekehrt sagen: Wir drehen einen grossen Teil - nicht alle - unserer Filme in Schweizerdeutscher Sprache und drehen hauptsächlich in der Schweiz. Somit sind schweizerdeutsch sprechende Schauspieler und Schauspieler, die hier leben, im Vorteil. Unterlagen nehme ich nur noch in elektronischer Form entgegen. Auch empfehle ich allen, sich auf den grossen Datenbanken einzuschreiben. Ich benutze sie täglich.
Sie sind Mitglied im International Casting-Directors Network (ICDN) und im Bundesverband Casting (BVC). Was ist für Sie persönlich wichtig an der Verbandsarbeit?
Mir ist die Begegnung und der gegenseitige Austausch mit Kollegen und Kolleginnen wichtig, sowohl was das Inhaltliche des Berufes betrifft, als auch das Organisatorische und Filmpolitische. Im Laufe des Jahres passiert es immer wieder, dass ich mit einer deutschen Kollegin oder einem deutschen Kollegen am gleichen Projekt arbeite – zum Beispiel bei Koproduktionen – und wir uns gegenseitig helfen. Man ruft sich einfach an und fragt: „Kennst Du nicht…, kannst Du nicht…, hast Du nicht..., hast Du eine Idee und könntest Du mir vielleicht einen Tipp geben und so weiter.” – ähnlich läuft das auch bei den internationalen Castern. Da haben wir ein direktes Network und schon sehr oft Austausch auf sehr unkomplizierte Art und Weise gehabt. Casting hat viel mit Vertrauen zu tun, welches sich nur durch persönliches Kennenlernen aufbauen lässt.
Sie unterrichten auch an Hochschulen und leiten Seminare, im In- und Ausland. Was bedeutet diese Arbeit für Sie?
Stimmt, ich gebe sehr gerne Coachings rund ums Thema Casting: Das umfasst beispielsweise die Kontaktherstellung und Zusammenarbeit mit Casting Directors für Produktionen im In- und Ausland, aber auch das Training und die Vorbereitung auf ein Casting allen voran für Schauspieler. Auch ich lerne jedes Mal (bei einem Coaching oder einer Lehrtätigkeit) wieder viel dabei! Man entwickelt automatisch eine objektive Distanz und einen analytischen Blick auf seine eigene Arbeit. Ob der Input von Schauspieler- oder Regiestudentenseite kommt, ich verspüre immer wieder eine extreme und große Lust, mehr über den Casting-Prozess außerhalb meines Alltags zu erfahren. Durch die Coachings erlebe ich noch mehr, was Casting ist und kann. Da ist die Neugierde sehr groß! Zudem macht es mir sehr viel Freude, aus eigenem Interesse und aus Spaß daran, die Inhalte immer wieder weiterzuentwickeln und zu professionalisieren.
Ihr besonderes Augenmerk gilt der Entdeckung und Förderung junger Schauspieltalente. Hierfür veranstalten Sie seit nun mehr als sechs Jahren das Projekt „Junge Talente.ch”. Warum liegt Ihnen das speziell am Herzen?
Ich denke, dass ein Produzent, der zu mir kommt, erwarten kann, dass ich weiß, welche neuen Talente es gibt, allen voran auf dem Schweizer Markt. Es gehört grundsätzlich zum Beruf des Casters, in diesem Bereich aktiv zu werden. Wenn ein Schauspieler schon drei oder vier tolle Filme gemacht hat und jeder sehen kann, was der alles kann, ist mein Vorschlag einfacher. Kompliziert wird es, wenn ich eine Hauptrolle besetzen muss, mit einem jungen Darsteller, oder einer Darstellerin. Die jungen Schauspieler oder Schauspielstudenten, die noch nichts auf Film vorzeigen können, müssen wir erst kennenlernen. Da diese meistens in halb Europa verteilt in den Schulen sind, müssen wir sie erst casten, also aufnehmen, damit wir etwas auf Film haben um sie vorschlagen zu können. Das ist ein zeitlicher und finanzieller Aufwand, den uns eigentlich niemand bezahlt. Das ist mit ein Grund für das Projekt „Junge Talente.ch”. Auch dort werden wir nicht bezahlt, aber es ist eine Freude und Leidenschaft, jedes Jahr neue junge Schauspieler kennenzulernen und sie mit unserem Projekt vorstellen zu können - immer in der Hoffnung ein wirklich grosses Talent zu entdecken! Ich wünschte mir manchmal etwas mehr Mut von Seiten der Produktionen zu Neuentdeckungen. Der finanzielle Druck scheint so gross zu sein, dass im Zweifelsfall auf „Nummer Sicher” gesetzt wird.
Mögen Sie das Projekt „Junge Talente.ch” kurz mal skizzieren?
Mittlerweile sind es schon sechs Jahre, dass meine Kollegin Susan Müller und ich hier in der Schweiz eine jährliche Produktion von Szenen herausgeben, in denen wir acht Schweizer Schauspielstudenten vorstellen. Regie führen bekannte und erfahrene Regisseure, wie zum Beispiel Christoph Schaub, Bettina Oberli, Christian von Castelberg und Manuel Flurin Hendry. Jede neue Ausgabe wird dann im Rahmen eines Filmfestivals präsentiert und anschließend versenden wir die DVD an Filmproduktionen, Regieleute, Casting-Kollegen und Agenturen sowohl in der Schweiz, als auch in Deutschland, Österreich und Frankreich. Sämtliche Jahrgänge und Daten sind auf der neu gestalteten Website einzusehen. Die meisten Besetzungsanfragen erfolgen durch das Jahr über diese Seite. Im Rahmen der Solothurner Filmtage 2013 präsentierten wir die aktuellen „Junge Talente.ch” kombiniert mit einem kurzen Podiumsgespräch zum Thema Casting von 'unbekannten' Schauspielern. Diskutiert haben Lisa Oláh (Casting Director), Lena Lessing (Coach) und Hanspeter Müller-Drossaart (Schauspieler).
Wie ist es zu diesem Projekt überhaupt gekommen. Was war der Anstoß?
Ich war vor sieben Jahren zu einem Panel in Rom eingeladen. Beatrice Kruger, eine Kollegin aus Rom hat mir eine DVD mit dem Titel „giovani talenti italiani” gegeben und meinte: „Schau mal, da sind Aufnahmen mit jungen, noch unbekannten, italienischen Schauspielern drauf. Das zeigen wir in Venedig auf dem Festival.” Renommierte italienische Regisseure drehten ein paar Szenen mit Nachwuchsschauspielern. Bereits auf dem Nachhauseweg dachte ich: „Das ist eine tolle Idee: Das ist genau das, was wir hier in der Schweiz brauchen!” In Rom oder Paris oder London befindet sich die ganze Filmindustrie vor Ort. Die Schweizer Schauspieler, vor allem die Studenten, sind irgendwo auf der Welt unterwegs und haben oft kein Geld, für ein Casting anzureisen. Damals hat man auch noch keine e-Castings gemacht. Neue Talente zu entdecken braucht Zeit und Geld und da kommt man dann immer wieder an Grenzen, weil an dem Punkt schon die Sparbremse gezogen und man ausgebremst wird: „Wer sagt denn, dass das sich lohnt und dass der gut ist? Kennt ihr den schon und kann der überhaupt was? Ach nee! Wir nehmen lieber einen bekannten Jungen aus Deutschland und synchronisieren dann.” Genau diesen Vorurteilen wollten wir entgegenwirken. Es ist viel Arbeit, aber es ist auch sehr erfreulich und mittlerweile ziemlich erfolgreich. Inzwischen sind schon einige der 'ehemaligen' „Jungen Talente” in grossen Agenturen vertreten, Preisträger im In- und Ausland und durften mit nationalen und internationalen renomierten Regisseuren zusammenarbeiten.
Wie können junge Leute an diesem Projekt teilnehmen und was genau ist das Ziel des Projektes?
Wir schreiben alle Schulen direkt an, ebenso wie einige Online-Portale. Natürlich ist es auch so, dass manche bereits davon wissen, sich selber melden und sagen: „Ich würde gerne zum nächsten Casting kommen.” Wir verschicken Szenen, die vorbereitet werden müssen und nehmen uns anschließend wirklich sehr viel Zeit dafür. Die Castings dauern schätzungsweise eine Woche. Susan Müller und ich arbeiten intensiv daran und erstellen eine Vorselektion. Danach haben wir vielleicht zwanzig Schauspieler, die wir richtig spannend finden. Ein Casting Director aus dem Ausland und zwei erfahrene Schauspieler fungieren zusammen als kleine Jury. Ziel ist es, die jungen Schauspieler bei Produzenten, Regisseuren, Castern und Agenten, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland oder Frankreich, bekannt zu machen.
Erhalten junge Talente – allen voran von Redaktionsseite– überhaupt eine Chance, tragende Rollen zu spielen? Lässt man hier nicht lieber einen etablierten Schauspieler, rein aus Bequemlichkeit, zum Jugendlichen werden? Da würde man sich schon öfters Projekte wie Ihres wünschen.
Ja sicher wird gerne auf altbekannte Schauspieler zurückgegriffen! Ich weiß aber nicht, ob man das wirklich mit Bequemlichkeit begründen darf. Ich glaube vielmehr, dass es einerseits mit Angst, andererseits aber auch mit den Produktionsbedingungen zu tun hat. Der Druck – besonders der Quotendruck – wird immer größer. Dies gilt auch für Kinofilme, weil sie ja immer mehr vom Fernsehen mitfinanziert werden. Die Ebenen der Finanzierung haben sich verändert: Wenn ein Projekt noch in der Finanzierungsphase steckt, müssen schon die Namen der Hauptrollen da sein - dann ist aber noch kein Geld für die Entwicklung da - also können wir noch nicht groß und breit casten. Deshalb sagt man: „Wir gehen dort auf Nummer sicher und nehmen einen Namen, den die Geldgeber schon kennen.“ Dann erst kriegen wir das Geld! Wir haben immer den Druck, da einen Namen hinzulegen, damit das Ding überhaupt vom Stapel rollt. Und wenn die Finanzierung losgetreten wird, ist die Angst groß ist, die Zeit klein und Geld zu wenig. Wir können immer noch schauen, ob wir theoretisch nachher vielleicht nochmal das Casting aufmachen, aber das kommt in der Praxis wirklich selten vor.
Wie schätzen Sie denn generell die Erfolgschancen von jungen Schauspielern ein – wenn sie vielleicht gerade von der Hochschule kommen oder nur wenig Erfahrung vor der Kamera haben?
Es ist wie beim Lotto: Wenn man erst gar nicht mitspielt, dann hat man auch keine Chance. Es ist schwer und man muss auch wirklich bereit sein, sehr viel einzusetzen, sich gut vorzubereiten und viel zu investieren an Zeit und Energie. Es wird manchmal zu leicht genommen, denke ich. Die meisten glauben: „Ich bin ganz schnell dabei und ein großer Star!” – aber so ist es einfach nicht.
Was würden Sie jungen Schauspielern raten wie Sie sich etablieren können?
Das Zentrale ist, dass die Öffentlichkeit, beziehungsweise die Branche, überhaupt weiß, dass es einen gibt. Wenn Schauspieler das an Schulen nicht lernen, müssen sie sich informieren auf welchen Portalen und in welcher Form sie sich präsentieren sollten und wie das System überhaupt funktioniert. Wenn sie in der Schweiz Fuß fassen wollen, finde ich es wahnsinnig wichtig, dass sie sich Schweizer Filme anschauen und wissen welche Regisseure es gibt und wer produziert. Ich merke oft, dass Schauspieler sehr naiv daherkommen und sagen: „Ich möchte gern zum Film”, aber keinerlei Ahnung über den Markt haben. Sie kennen vielleicht die ganzen amerikanischen Filmleute, die sie in den Kinos gesehen haben. Wenn ich sie frage, wer ein großer Filmschauspieler oder ihr großes Idol ist, kommen immer die großen Namen von internationalen Produktionen. Aber was die eigene Filmlandschaft betrifft, da haben sie oft keine Ahnung, und genau dort würde ich anfangen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Branche? Haben Sie eine „Casting-Vision”?
Nein und zwar genau aus dem Grund, weil ich überzeugt bin, dass der Kern unserer Arbeit immer der gleiche bleibt: Schlussendlich müssen zwei Menschen, die sich am Set gegenüberstehen und miteinander arbeiten wollen, sich gegenseitig inspirieren. Dafür sollten sie sich auch im Vorfeld persönlich begegnet sein. In dieser ganzen Geschichte sind wir Caster sozusagen die Vermittler. Deswegen glaube ich, dass diese Kombination nach wie vor gefragt sein wird. Aber was schon zu beobachten ist, ist die Tatsache, dass die Datenbanken, die ganzen elektronischen Medien und Möglichkeiten einen großen Teil dieser persönlichen Begegnung im Vorfeld wegnehmen. Dennoch denke ich, dass bei Filmproduktionen trotz alledem das Menschliche nach wie vor sehr wichtig ist und auch bleiben wird.
Was sind Ihre aktuellen Projekte, die Sie gerade casten bzw. welche demnächst veröffentlicht werden?
Hier die bei uns gelisteten 2012/2013
Recycling Lily (Kinospielfilm) | Regie: Pierre Monnard | Produktion: C-Films
Sitting next to Zoé (Kinospielfilm) | Regie: Ivana Lalovic | Produktion: Lang Film
Am Hang (Kinospielfilm) | Regie: Markus Imboden | Produktion: Maximage
Stärke 6 (TV-Spielfilm) | Regie: Sabine Boss | Produktion: SWR (T&C Film AG)
Dinu - der Schwerkraft entgegen (Drama) | Regie: Simon Aeby | Produktion: SRF (Turnus/Catpics)
Die Schweizer (4 Folgen) | Regie: Dominique Othenin-Girard | Produktion: Rudolf Santschi
Rosie (Kinospielfilm) | Regie: Marcel Gisler | Produktion: Cobra Film
Nachtzug nach Lissabon (Kinospielfilm) | Regie: Bille August | Produktion: C-Films/Studio Hamburg
Tatort – Schmutziger Donnerstag und Skalpell und Väterpflichten (TV-Film aus Reihe) | Regie: Dani Levy
Produktion: SRF (Zodiac Pictures/Catpics films/c-films)
Eine wen iig, dr Dällebach Kari (Kinospielfilm) | Regie: Xavier Koller | Produktion: Catpics
Nebelgrind (TVSpielfilm) | Regie Barbara Kulcsar | Produktion Zodiac Pictures
Liebe und andere Unfälle (TV-Spielfilm) | Regie Thomas Gerber | Produktion: Langfilm
Das Missen Massaker (Kino) | Regie: Michael Steiner | Produktion: Kontraproduktion AG
NOCH 12 PERSÖNLICHE FRAGEN AN FRAU GLAUS...
Wo sind Sie aufgewachsen und was hat Ihre Jugend geprägt?
In Zürich, ein grosses Gefühl von Freiheit.
Welche Menschen, denen sie begegnet sind, sind die wichtigsten in Ihrem Leben – Wie haben sie Sie privat und/oder beruflich geprägt?
Meine Deutschlehrerin, sie konnte eine sinnliche Lust an Sprache vermitteln. Außerdem mein Mann – er macht mich schlicht und einfach glücklich. Alle guten Schauspieler und Schauspielerinnen: Ich geniesse diese Kunst ein Leben lang.
Was war ihre wichtigste Erfahrung?
Meine Tochter.
Gibt es eine Erfahrung, die Sie gerne gemacht hätten, bzw. machen möchten?
Ein super Drehbuch schreiben - oder geschrieben zu haben.
Welche historische oder lebende Persönlichkeit würden Sie gerne treffen und warum?
Oh - so viele.
Was bewegt bzw. beeindruckt Sie?
Menschen, die die Kraft und den Mut haben für den politischen Kampf - wie gerade in den nordafrikanischen Ländern - nur als ein Beispiel.
Woran glauben Sie und wie treten Sie dafür ein?
Ich glaube an Vergebung und bemühe mich um Toleranz.
Was bedeutet für Sie Heimat?
Wenn man sich an einem Ort bewegen kann, ohne sich entschuldigen zu müssen.
Haben Sie ein Lebensmotto und wie beeinflusst dieses ihr tägliches Leben?
Wenn heute ein mieser Tag war, ist morgen bestimmt ein besserer.
Wenn Sie ein Tier sein könnten, welches würden Sie wählen und warum?
Ein Paradiesvogel - selten werden Frauen so phantasievoll umworben und unterhalten wie bei den Paradiesvögeln.
Was ist das Beste, was Ihnen je passiert ist?
Die Überraschung, als ich den Schweizer Filmpreis erhalten hatte. Da es ein Jury-Preis war, gab es keine Nominationen. Es war mein Geburtstag, meine Tochter war krank und ich wollte eigentlich nachhause. Mehr widerwillig bin ich zur Preisverleihung geblieben. Die Überrumpelung war so total, dass ich bei meiner Namensnennung gleich einen Krampf im Bein hatte. Trotzdem machte es mich unglaublich glücklich, dass die Castingarbeit in diesem Maße wahrgenommen wurde.
Was möchten Sie in diesem Leben oder, vorausgesetzt es gäbe ein solches, in einem nächsten Leben noch tun?
Viel Reisen.
Vielen lieben Dank für das interessante und persönliche Gespräch!
Homepage von "Junge Talente.ch":
www.jungetalente.ch
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