Ausbildung und Weiterbildung sind wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Schauspielkarriere – doch sie sollten für jede*n zugänglich sein, unabhängig vom Geldbeutel. Besonders reizvoll für Schauspieler*innen, die eine internationale Karriere aufbauen möchten, scheinen Workshops mit internationalen Casting Directors im Ausland zusein, da sie nicht nur fachlich die beste Expertise vermitteln, sondern auch internationale Netzwerke eröffnen und einen einfach mal aus dem Alltag holen.
Im folgenden Interview sprechen wir mit Tara Linke über das Thema. Seit 2018 bietet die Schauspielerin auf Mallorca mit ihrem Institute for Acting Mallorca ein Fortbildungszentrum an, das Schauspieler*innen sowohl berufliche Weiterentwicklung als auch die Chance bieten soll, wertvolle Kontakte in der Filmbranche zu knüpfen. Dozierende sind renommierte Filmschaffende, darunter viele internationale namhafte Casting Directors.
Für Tara steht fest: Sich persönlich begegnen, voneinander lernen und persönliches Wachstum soll nicht nur bereichernd sein, sondern für alle erreichbar bleiben. Mit flexiblen Zahlungsmethoden und individueller Unterstützung setzt das Institut ein klares Zeichen für Chancengleichheit in der Filmbranche. Dabei geht es auch um Haltung. Tara und ihr Team zeigen, wie berufliche Weiterbildung, Familie und Fairness Hand in Hand gehen können. Und bitte bis zum Ende lesen, denn hier erwartet Euch eine tolle Verlosung.
Wie ist die Idee zu I.AM entstanden?
Was hat Dich inspiriert, dieses Institut ins Leben zu rufen?
2018 war für mich als Schauspielerin ein arbeitsarmes Jahr und ich stand mit einem Bein schon auf Mallorca. Meine Castings waren wenig erfolgreich, und die Arbeit blieb aus. Die Mischung aus „Ich muss irgendwie morgen meine Miete zahlen“ und „Ich will besser werden“ – gepaart mit der Erinnerung an meine anderen Fähigkeiten – Organisation und Gastgebertum – brachte mich auf eine Idee: Zunächst lud ich meine Schauspiellehrer auf die Insel ein, später folgten Casting Directors, angefangen mit Iris Baumüller. Ziel war es, sowohl Kollegen als auch mich selbst weiterzubilden. So wurde I.AM geboren.
Welche Philosophie verfolgt I.AM?
Je mehr Energie du mit einer guten Gesinnung in etwas investierst, desto mehr gute Energie kommt zurück. Ich glaube fest daran, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Aus allem lässt sich das Beste machen – das ist Kreativ-Intelligenz. Wir Schauspieler haben die Möglichkeit, aus unseren Fähigkeiten das Maximum herauszuholen und dabei unsere Einstellung positiv, flexibel und lösungsorientiert zu bewahren.
Was macht Eure Kurse besonders?
Internationalität ist für uns der Schlüssel. Wir wollen Filmschaffende aus verschiedenen Ländern miteinander vernetzen und ihnen Einblicke in andere Dreh- und Casting-Kulturen geben, damit sie über ihre eigene Sprache und ihr eigenes Land hinauswachsen können. Wir achten sehr auf Diversität – in unseren Kursen kommen regelmäßig 12 bis 29 verschiedene Nationalitäten zusammen, bei Gruppengrößen von 18 bis 40 Teilnehmenden.
Wer lehrt in Euren Kursen?
Wir arbeiten bewusst nicht mit klassischen Lehrern. Unsere Lehrenden sind aktive Filmschaffende, die im Feld arbeiten und nicht ausschließlich vom Unterrichten leben. Sie bringen frisches Wissen direkt aus der Praxis mit. Ihr Einsatz wird natürlich vergütet, da sie während dieser Zeit nicht an eigenen Projekten arbeiten können. So gewährleisten wir, dass unsere Teilnehmenden von den aktuellen Entwicklungen in der Branche profitieren.
Was erwartet Ihr von den Teilnehmenden?
Eigenverantwortung und eine positive Haltung sind für uns essenziell. Auch Professionalität steht bei uns im Vordergrund. Wir arbeiten mit hochqualifizierten Filmschaffenden zusammen und erwarten, dass die Teilnehmenden vorbereitet sind. Das bedeutet: Texte sitzen, die Basics sind bekannt, die Dispo ist gelesen, Respekt dem Team und Ensemble gegenüber wird gewahrt und Pünktlichkeit wird eingehalten. Wir können es uns nicht leisten, Schauspielerinnen und Schauspieler vorzustellen, die negative Einstellungen mitbringen oder sich Nachlässigkeiten erlauben, nur weil sie für den Workshop zahlen.
Wie schafft Ihr eine angenehme Lernatmosphäre?
Freude und Kollegialität sind ein wesentlicher Bestandteil. In „unseren“ Fincas, Hotels oder Klöstern – wo wir auch gemeinsam essen und übernachten – konzentrieren wir uns auf das Verbindende. Ein gemeinsames Abendessen oder ein nächtliches Bad im Pool können helfen, gemeinsam über Möglichkeiten zu sprechen, anstatt in Problemen zu denken. Jeder braucht immer wieder eine gute und leichte Zeit mit anderen, um unseren Beruf immer wieder aufs Neue zu wertschätzen. Bei uns herrscht meist kein Gefühl von Konkurrenz, sondern eher von einer „Tribe“.
Was, wenn jemand sich die Teilnahme nicht leisten kann?
Lösungsorientiert mit Herz – das ist unser Ansatz. Wenn jemand finanzielle Schwierigkeiten hat oder alleinerziehend ist, finden wir immer eine Lösung. Wir bieten Ratenzahlungen ohne Zinsen an, machen Vergünstigungen oder geben auch mal Stipendien. Kinder sind bei uns willkommen, und in jedem Kurs gibt es mindestens eine Person, die aufgrund sozialer oder politischer Notlage kostenfrei teilnehmen kann. Wichtig ist nur, dass die Person menschlich und beruflich zu uns passt. Es geht uns nicht um starre Regeln, sondern um individuelle Lösungen.
Es gibt Stimmen, die kritisieren, dass Caster*innen bezahlt unterrichten. Wie begegnest Du dieser Kritik?
Allgemein halte ich es für wichtig, dass sich niemand an der Not von Schauspielern bereichert. Umso mehr begrüße ich es, wenn Casting Directors und andere Filmschaffende ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Fortbildungen weitergeben – gerade weil es nicht ihre Haupteinnahmequelle ist, dafür eine praxisnahe Unterstützung für Schauspielende bietet. Als Schauspielerin habe ich persönlich von solchen Kursen enorm profitiert. Mein Casting- und Filmschauspiel hat sich dadurch deutlich verbessert – vorher war ich weniger gut orientiert und weniger erfolgreich als nach den Kursen. Auch mein Verständnis für Abläufe und meine Positionierung in der Branche haben sich durch diese Kurse weiterentwickelt. Ich habe eine gewisse Geläufigkeit gewonnen, gehe Live-Castings und größere Dreharbeiten deutlich entspannter an und kann den Regie-Führenden und Castern offener begegnen. Ohne solche Fortbildungen wäre ich bestimmt nicht so weit gekommen.
Kurz: Für mich ist es ein faires Geben und Nehmen, solange beide Seiten mit der richtigen Haltung herangehen. Caster sollten damit nicht ihren Lebensunterhalt aufbessern wollen, sondern die Intention haben, ihr Wissen bestmöglich und zugunsten der Branche zu vermitteln. Schauspielerinnen und Schauspieler sollten nicht mit der Erwartung kommen: „Ich werde von XY gesehen und direkt besetzt.“ Schließlich zahlen auch andere Berufsgruppen für ihre Weiterbildungen bei Experten – warum sollten Schauspieler hier entmündigt werden? Natürlich sehe ich die Gefahr, dass es in Einzelfällen zu moralisch fragwürdigen Angeboten kommen kann. Aber ich denke, solche Menschen, denen die echte Leidenschaft und die richtige Intention fehlt, disqualifizieren sich auf lange Sicht selbst: Die Branche nimmt solche Personen irgendwann nicht mehr ernst.
Was unterscheidet deutsche Schauspieler*innen von Kolleg*innen aus anderen europäischen Ländern?
Gibt es kulturelle, strukturelle oder methodische Unterschiede, die Dir besonders auffallen?
Definitiv! Die Professionalität britischer und amerikanischer Kolleginnen und Kollegen ist oft beeindruckend, während eine eher entspannte Laissez-faire-Einstellung der Franzosen manchmal beneidenswert ist. Diese Unterschiede sind meistens Spiegel der jeweiligen Kultur des Filmemachens und der visuellen Gewohnheiten der jeweiligen Länder. Eine große Ungerechtigkeit sehe ich in den unterschiedlichen Löhnen: Während Deutschland hier vergleichsweise gut abschneidet, gibt es in anderen Ländern noch größere Ungleichheiten.
© Institute for Acting Mallorca | © Institute for Acting Mallorca |
Für Dich ist Kinderbetreuung während der Masterclasses selbstverständlich, um Eltern die Teilnahme zu erleichtern. Was ist Dir so wichtig, um Familienleben in den Beruf zu integrieren?
Für mich ist es entscheidend, Menschen zu unterstützen, die über sich selbst hinauswachsen wollen – ob mit Kind, körperlicher Beeinträchtigung oder in schwierigen Lebenssituationen.
Du bist selbst Mutter geworden und hast diesen Schritt auch als Schauspielerin öffentlich gemacht.
Wie hat sich das auf Deine berufliche Sichtweise ausgewirkt?
Ich habe das große Glück, den richtigen Partner, das richtige Baby und die eigene Power zu haben, um sowohl das Muttersein als auch die Hingabe an meinen Beruf leben zu können. Ich lebe im Selbstverständnis, dass alles unter einen Hut zu bringen ist, dass das Kind mit zu Workshops oder Drehs mitkommt und dass man daraus kein Problem macht, sondern einen Gewinn oder zumindest eine Selbstverständlichkeit. Das Kind wird beim Moderieren gestillt, weil das Panel eben in der Stillzeit liegt. Weswegen ich für diese Haltung bewundert werde, weiß ich nicht, ich halte das für normal. Für die Arbeit am Set organisiere ich mich: Ich hole Unterstützung von meinem Partner, Familie, Freunden oder einer Nanny. Es geht auch hier nicht ohne Eigenverantwortung. Wir dürfen nicht erwarten, dass Produktionen all unsere Bedürfnisse auffangen. Es ist ein Balanceakt, aber auch hier darf der Fokus auf Leichtigkeit und Lösungsorientierung liegen. Denn das Glück ist mit den Glücklichen.
Welche Herausforderungen hast Du als berufstätige Mutter in der Filmbranche erlebt, und wie hast Du diese gemeistert?
Ich habe überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Natürlich sind mir auch Drehtage durch Schwangerschaft und Stillzeit verloren gegangen – das gehört bei dieser Berufswahl einfach dazu. Schließlich ist es ein Beruf, bei dem mein Körper im Mittelpunkt steht. Nicht jede Rolle kann auf „schwanger“ umgeschrieben werden, und nicht jeder Stunt ist während der Schwangerschaft machbar. Es gibt Casting Directors, die mir gesagt haben: „Ich denke in ein paar Monaten wieder an Dich.“ Das ist doch eine schöne Perspektive, oder?
Gibt es besondere Rabatte oder Angebote für Eltern, um den Zugang zu Euren Programmen zu fördern?
Alleinerziehende können sich jederzeit an mich wenden, um über Rabatte zu sprechen. Kinder dürfen je nach Alter kostenfrei oder zu reduzierten Preisen bei uns wohnen und essen. Wenn die Familie mitkommt, berücksichtigen wir die individuellen finanziellen Verhältnisse. Ratenzahlung ist ebenfalls immer möglich. Und größere Kinder dürfen auch mal in den Workshops zuschauen oder bei kleinen Aufgaben helfen – das finden sie oft spannender als andere Freizeitaktivitäten.
Du bist ein richtiges Power-House und hältst die Balance zwischen Deinem persönlichen und beruflichen Erfolg.
Was ist dein Motto?
Wenn ich zwischen Sicherheit und Freiheit entscheiden müsste – ich wählte stets Freiheit. Liberté toujours. Aber was bei Entweder-Oder-Fragen immer meine Antwort ist: Warum nicht beides? Think big, act big, love fiercely, laugh often. Wichtig ist es, dass man im Leben jemanden hat, der einen in den Arm und auch auf den Arm nimmt. Für ein glückliches Leben ist man allerdings selbst verantwortlich.
Wie unterstützt Institute for Acting Mallorca die Teilnehmer*innen dabei, ein internationales Netzwerk aufzubauen?
Teilnehmende profitieren nicht nur vom direkten Kontakt mit Filmschaffenden, sondern auch vom Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Ich empfehle allen, sich in kleinen Gruppen zu organisieren – sogenannte „Accountability Partner“ – die sich gegenseitig bei E-Castings unterstützen oder gemeinsam Ziele verfolgen. Auch ich helfe gerne, und manchmal bin ich diejenige, die den entscheidenden „Tritt in den Hintern“ gibt, damit jemand sein volles Potenzial ausschöpft.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft von Institute for Acting Mallorca?
Gibt es neue Initiativen, die Du starten möchtest?
Es gibt so viele Ideen und einige sind auch schon in der Entwicklung: Wir beginnen selbst zu Produzieren und planen auch einen Ort für kreative Projektentwicklung, Arbeit zwischen Autorinnen bzw. Autoren, Regieführenden und Spielenden. Aber das Wichtigste bleibt: Wenn ich merke, dass die Workshops nicht mehr den richtigen Nerv treffen, schließe ich das Kapitel I.AM dankbar und schmerzlos. Ich habe 10.000 andere Ideen und jede Menge Mut und Lust, einige davon anzugehen.
Danke für das Gespräch!
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