Around the World in 14 Films ist eine cineastische Weltreise und ein cineastischer Jahresrückblick in einem. Als Festival der Festivals stellt es jeweils zum Jahresende zehn Tage lang 14 herausragende Werke des jungen Weltkinos in Form einer cineastischen Weltreise vor, die einmal rund um den Globus führt.
Die 14 Werke bilden den Kern des Festivals und kommen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen der Erde, von Südamerika über Mexiko und Nordamerika nach Afrika, durch Teile Europas über Russland in den Mittleren Osten bis nach Fernost.
Das Programm wird ergänzt durch Sondervorführungen, thematische Reihen sowie einen deutschen Film des Jahres. Alle Festivalbeiträge wurden zuvor auf den führenden Filmfestivals von Cannes, Locarno, Rotterdam, San Sebastián, Sundance, Toronto oder Venedig diskutiert und ausgezeichnet.
Die Filme sind erstmals in Berlin zu sehen und werden von Künstlern, Regisseuren, Schauspielern und Persönlichkeiten aus Kino, Kultur, bildender Kunst, Theater oder Politik als Paten live präsentiert.
Wir haben mit Bernhard Karl, der neben Susanne Bieger das Festival leitet über Highlights und Herausforderungen gesprochen.
Kannst Du uns mehr über den diesjährigen Eröffnungsfilm, die deutsche Oscareinreichung, „Die Saat des heiligen Feigenbaums“, erzählen? Warum siehst Du ihn als perfekte Wahl für die 19. Ausgabe des Festivals siehst?
Das neue Werk des iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof ist für mich tatsächlich ein Meisterwerk. Erzählerisch, filmisch, politisch und auch visionär. Unser Festival hat über die letzten 18 Jahre bereits drei seiner Filme präsentiert. Mit dem Dissident*innen-Werk „Goodbye“ gewann er 2011 den damaligen Hauptpreis von „14 Films“. Allerdings konnte Mohammad Rasoulof leider nur einmal physisch mit uns sein. Umso schöner ist es, dass er diesmal wieder persönlich anwesend sein wird. Und es gibt dazu noch einige wichtige Überraschungsgäste!
Magst Du auch schon etwas über die Abschlussfilme „The End“ und „Queer“ verraten?
Was macht sie zu einem idealen Abschluss des Festivals, und wie wurden sie bisher international aufgenommen?
Die beiden großartigen Kult-Regisseure Joshua Oppenheimer und Luca Guadagnino legen mit „The End“ und „Queer“ zwei mutige Werke vor, die auch inhaltlich perfekt zu uns passen. Frisch aus Telluride und Venedig, wo beide Filme ihre Weltpremiere hatten. Ein innovatives, poetisch-apokalyptisches Endzeitmusical und eine William Burroughs-Verfilmung, eine queere Geschichte, die Kulturen aufeinanderprallen lässt. Beide mit Weltstars besetzt: Tilda Swinton, Michael Shannon und Daniel Craig. Eine traumhafte Closing Night für uns!
Die Saat des heiligen Feigenbaums | Opening Night |
Der Tod wird kommen | German Night © Heimatfilm |
Was sind die Hauptthemen und Ziele der 19. Ausgabe des Festivals, und gibt es bestimmte Trends oder thematische Schwerpunkte im aktuellen Weltkino, die Du hervorheben möchtest?
Wie immer ist unser wichtigstes Anliegen die Kommunikation der Weltkulturen. Es geht um ein vielgestaltiges, komplexes Abbild unserer Welt, von Argentinien bis nach China. Entwurzelung und der Aufbruch zu neuen Lebensformen, die man als persönlich eroberte Nischen zum kapitalistischen „Mainstream“ beschreiben könnte, sind sicher große Themen in den aktuellen Filmen. Das Festival bietet eine riesige Landkarte der bedeutenden gesellschaftspolitischen Themen wie Wirtschaftskollaps, Abtreibungsverbot, Entfremdung, Homophobie, Demokratie-Erosion, Leben in diktatorischen Regimen, Landraub und patriarchalische Staatsdoktrin. Aber auch viel Lust und Freude an den kleinen und großen Revolutionen und Eskapismen!
Welche Kriterien spielen bei der Auswahl der 14 Filme eine Rolle?
Was zeichnet diese Filme besonders aus, und wie spiegeln sie das Weltkino wider?
Zuallererst die künstlerische Qualität. Natürlich suchen Susanne Bieger und ich tatsächlich aus jeder größeren Kulturregion der Welt den jeweils für uns überzeugendsten Film. Wir selektieren, nur um drei regionale Beispiele zu nennen, alles, was wir aus Lateinamerika, Schwarzafrika oder Ostasien finden und diskutieren die Filme, die uns gefallen auf ihre ästhetische, politische und gesellschaftliche Relevanz. Dazu kommt, dass wir mit den 14 Filmen im Wettbewerb vorrangig Erst- und Zweitlingsfilme „entdecken“ wollen, mit besonderem Fokus auf dem neuen Kino von Frauen. Und wir möchten im 14 Filme-Programm außerhalb des Wettbewerbs, neben Sonderreihen und Partnerschaften, natürlich auch großen Meister*innen und Stars des Weltkinos Raum geben.
Wie entdecken Du mit Susanne Bieger diese besonderen Filmperlen? Welche internationalen Veranstaltungen, Pressevorführungen und Festivals besucht Ihr, um die besten Filme für das Festival zu finden?
Wir fahren von Januar bis Oktober zu den wichtigsten Festivals, von Sundance, Rotterdam, Cannes, Locarno, Venedig und San Sebastián, neben einigen anderen kleineren Festivals, und versuchen im Grunde, das gesamte Line-Up dort zu sichten. So machen wir uns gemeinsam ein genaues Bild vom Stand des aktuellen Weltkinos. Einige Filme, die wir physisch nicht vor Ort sichten können, bestellen wir als Links ins Home-Office. Der Dialog darüber, was für uns beide in der Schnittmenge bleibt ist jedes Mal eine fantastische Diskussions- und – am Ende – Konsens-Erfahrung.
Gibt es dieses Jahr auch wieder einen Preis, und kannst Du uns mehr über die Jury und die Vergabekriterien erzählen?
Der BASIS-Berlin-Postproduction-Award wird zum nunmehr sechsten Mal verliehen und ist mit 5.000 Euro dotiert. Darauf sind wir wirklich stolz, denn es wird immer schwerer in unserer Zeit idealistische Preisstifter zu finden. Ein Riesendank dafür an das Team von BASIS Berlin! Die Jury wird aus drei Berliner Film-Persönlichkeiten zusammengesetzt sein, die ihr Augenmerk auf die innovative Regieleistung eines der „14 Filme um die Welt“ richten. Wir legen wie immer großen Wert auf Diversität und Vielschichtigkeit in der Jury-besetzung. Die drei werden alle 14 Filme in den Sälen, zusammen mit dem Publikum, sichten. Die Namen werden sehr bald bekanntgegeben.
Wo findet das Festival in diesem Jahr statt, und wie wichtig ist für Dich der Kinosaal als physischer Raum für das Filmerlebnis?
Das Festival findet in zwei der schönsten Berliner Kinos statt. Dem CineStar-Kino in der Kulturbrauerei und in den Yorck-Kinos Delphi Lux und Neues Off. Aber wir haben unsere Gastspiele des Festivals 2023 nach München und zum Schloss Elmau noch ausgebaut und finden nun im Laufe des Dezembers wieder in den Münchner City-Kinos (10. bis 14. Dezember), und ganz neu im Odeon Kino in Köln (11. bis 18. Dezember) und im Filmhaus Nürnberg (28. Dezember bis 6. Januar) statt. Der Kinosaal ist die Matrix des Kinos. Nichts und niemand kann dieses gemeinschaftliche Erlebnis in diesen magischen Sälen ersetzen – wenn die Menschen Platz nehmen, das Licht langsam verschwindet und sich dieses faszinierende Fenster in eine völlig fremde Welt öffnet und unsere Gefühle absorbiert und uns am Ende als Andere entlässt.
Welche Pat*innen begleiten die Filme dieses Jahr, und kannst Du das Konzept dahinter kurz erläutern?
Die Pat*innen verraten wir in diesem Jahr erst unmittelbar vor dem Festival. Die Spannung steigt … Das Konzept ist so einfach wie immer noch gültig. Die Kommunikation eines Films mit den anwesenden Gäst*innen durch eine Künstlerin oder einen Künstler mit dem Publikum bietet das entscheidende Erlebnis, den Mehrwert, der immer wichtiger geworden ist für Festivals. Dieses Erlebnis – neben dem oben beschriebenen herrlichen Saalerlebnis – können wir als Festival besser erreichen, im Kontrast zum Beamer-Event zuhause. Wir müssen uns sehen, miteinander reden und auch feiern. Die Welt stirbt in der digitalen Vereinsamung! Davon bin ich zutiefst überzeugt.
Wie beeinflussen die aktuellen globalen Krisen und politischen Spannungen Eure Filmauswahl?
Welche Themen und Perspektiven möchtet Ihr bewusst hervorheben, um gesellschaftliche Dialoge anzuregen?
Ich kann sagen, dass 2006, als wir mit „14 Films“ begonnen haben, tatsächlich noch etwas mehr die Ästhetik eines Films unsere Auswahl geprägt hat. Im Laufe der letzten 20 Jahre sind gesellschaftspolitische Zusammenhänge frappierend wichtiger geworden, im einst so „sicheren“ Deutschland. Und damals war die Auswahl auch wesentlich „männlicher“ geprägt, muss ich gestehen. Die Relevanz eines Films misst sich heute mehr an seiner inhaltlichen Diversität und politischen Brisanz. Filmfestivals kommt meiner Meinung nach eine wesentlich größere, politisch kommunikativere Aufgabe zu als damals, in unserer derzeit ultimativ bedrohten Welt(ordnung).
Welche Rolle siehst Du für das Kino in Zeiten großer sozialer und politischer Herausforderungen?
Das Kino kann uns die Augen öffnen, uns zwingen Dinge zu sehen und persönlich mitzuerleben, in die wir sonst nicht eintauchen könnten. Es schafft einmalige mentale Gemeinschaften aller Menschen und zeigt Nöte, aber auch Wege des kreativen Umgangs damit. Wir können im wahrsten Sinne des Wortes in „einem Boot sitzen“ mit Menschen in völlig anderen Zeiten, Welten und Kulturen, und erkennen, dass wir am Ende bei aller Unterschiedlichkeit auch alle ähnliche Herausforderungen zu meistern haben. Wir brauchen mehr Empathie!
Neben dem offiziellen Programm – gibt es noch weitere Events oder besondere Programmpunkte, die den Besucher*innen in Erinnerung bleiben sollen?
Wir feiern mit unseren wundervollen Partnern gleich mehrere Feste in diesem Jahr. Seit 2006 ist Arte eng an unserer Seite. 2024 können wir ganze 14 Arte-Koproduktionen in unserem Programm präsentieren. Eingeleitet von unserem Eröffnungsabend am Freitag, wo wir kräftig auf Arte anstoßen werden. Dann gibt es zwei Geburtstage von sehr wichtigen Partnern über die Jahre. Der wagemutige Verleih Grandfilm feiert sein zehnjähriges Jubiläum mit vier Filmen bei uns und einer Party am Montag. Und unser so wichtiger Partner, der World Cinema Fund der Berlinale, blickt auf sein 20-jähriges Bestehen zurück mit erneut fünf bedeutenden Produktionen aus der Dominikanischen Republik bis Vietnam. Wie immer am World Cinema Fund-Sonntag. Eine Chinese Night wird am Mittwoch erneut die große künstlerische Strahlkraft des ostasiatischen Kinos offenbaren. Und das deutsche Kino, repräsentiert durch unsere langjährigen künstlerischen Freunde und Unterstützer Pia Marais und Christoph Hochhäusler, bekommt zwei herrliche „Heimspiele“ mit zwei internationalen Werken! Womit wir last but not least bei einem sehr wichtigen weiteren Partner sind: dem Medienboard-Berlin Brandenburg. Das Medienboard hat nicht nur zwei unserer präsentierten Filme, Christoph Hochhäuslers Thriller „Der Tod wird kommen“ und den wundervollen iranischen World Cinema Fund-Film „Boomerang“ gefördert, sondern hat unser Festival erstmals fantastisch unterstützt – und damit auch unsere internationalen Gäste er-möglicht. Ein filmisches Feuerwerk möge beginnen!
Wie schön und wichtig, dass ihr von Casting Network auch von Beginn an dabei seid! DANKESCHÖN!!!!! Nächstes Jahr feiern wir (hoffentlich) 20 Jahre. Dann wird das noch mal entsprechend gewürdigt ...
Queer | Closing Night © Yannis Drakoulidis, courtesy of A24 |
The End | Closing Night © Felix Dickinson, courtesy NEON |
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