„Women Come Together“ wurde von den Drehbuchautorinnen und Schauspielerinnen Rosina Kaleab und Julia Penner ins Leben gerufen. Diese Plattform engagiert sich für die Förderung von Frauen in der kreativen und künstlerischen Branche und richtet sich laut Website an Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen, Produzentinnen, Theaterleiterinnen und alle anderen professionell tätigen Frauen in diesen Bereichen.
Das Hauptziel der Initiative ist es, eine Gemeinschaft zu bilden, die den Austausch und die Zusammenarbeit unter Frauen fördert und sie dabei unterstützt, ihre Präsenz und Sichtbarkeit in der Branche zu verstärken: „Women Come Together“ soll einen Raum bieten, in dem Mitglieder sich vernetzen, inspirieren lassen und ihre kreativen Projekte verwirklichen können.
Wir sprachen mit den Gründerinnen über die Herausforderungen und Erfolge von Frauen hinter der Kamera, die Wichtigkeit des persönlichen Austauschs und das Bilden von starken weiblichen Netzwerken.
Was bedeutet es für Euch, eine Frau in der Filmbranche zu sein?
Julia: Es geht eigentlich weniger um das große Konzept... Unser Hauptanliegen war und ist es, den Austausch unter Frauen zu fördern, insbesondere jene, die hinter der Kamera arbeiten – Regisseurinnen, Autorinnen, Produzentinnen, Kamerafrauen, Cutterinnen. Frauen aus verschiedenen Fachbereichen und mit unterschiedlichen Hintergründen. Denn wenn es 'Boys Clubs' gibt, warum dann nicht auch 'Women's Clubs'? Wir wollten einen Raum schaffen, der entspannt ist und wo sich alles darum dreht, welche Geschichten Frauen interessieren und wie wir einander unterstützen können.
Rosina: Gerade für Frauen hinter der Kamera herrscht oft so eine Unsichtbarkeit. Man kennt oft nicht die Namen von tollen Kamerafrauen, von tollen Tonfrauen, von tollen Produzentinnen. Und es gibt auch eine Hürde, zumindest war das für mich bisher so, auf Produzentinnen zuzugehen. Jetzt kommen alle in einem entspannten Raum zusammen und man merkt, dass die anderen auch nur mit Wasser kochen, dass die auch total Lust haben, andere kennenzulernen und vielleicht genauso nervös sind wie man selbst. Da sitzen dann eine Produzentin, eine Regisseurin und eine Autorin ganz entspannt zusammen und wenn die dann dahin kommen, gemeinsam ein Projekt umzusetzen, dann macht uns das unfassbar glücklich. Das ist dann ein Riesengeschenk, das uns zurückgegeben wird.
Wie lief Euer erstes Treffen ab?
Julia: Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es so einschlagen würde. Rosina hatte die spontane Idee, dass wir uns in einem Steakhouse in Berlin treffen. Vielleicht besser: Seit der Kindheit habe ich schon die Angst, dass niemand zu meiner Geburtstagsparty kommt. Was zwar nie passiert ist, aber das denke ich immer. Und auf einmal waren 40 Frauen da oder sogar mehr und wir haben gesehen, dass es einen sehr großen Bedarf gibt, sich auszutauschen.
Rosina: Ich glaube auch, dass sich Frauen in der Filmbranche wesentlich mehr beweisen müssen als Männer. Frauen werden oft übersehen und sind auch oft in der Unterzahl, unabhängig von ihrer Herkunft oder anderen Hindernissen. Nun konnten sie sich ohne Druck begegnen, ohne Ellenbogenmentalität, auf einer anderen Ebene.
Julia: Das finde ich auch noch mal wichtig zu sehen, dass es innerhalb der Minderheit als Frau auch noch mal Minderheiten gibt, sei es sozialer Background oder Herkunft. Dass wir jetzt zusammenkommen und zusammen stark sind, finde ich spannend.
Gab es konkrete Auslöser für Euch, diesen Raum zu schaffen?
Julia: Ich selbst habe keine schlimmen Erfahrungen mit Männern in Writersrooms gemacht, im Gegenteil. Ich war vorher Teil eines Schreibkollektivs, in dem wir Frauen und Männer waren, und habe dort sehr positive Erfahrungen gemacht, was die Zusammenarbeit angeht. Ich liebe es einfach generell, Netzwerke zu gründen. Und ich glaube, die große Chance, die wir haben, ist, Frauen aus unterschiedlichen Bereichen und auch mit unterschiedlichen Backgrounds zusammen zu bringen. Zunächst habe ich das als einmaligen Event gedacht. Aber dann haben wir gemerkt, dass es ein großes Bedürfnis gibt, einen gemeinsamen Raum und Austausch zu haben. Und ich meine, was gibt es Besseres als das?
Betrachtet Ihr euch als losen Zusammenschluss oder wollt Ihr einen Verein gründen? Welche Ziele habt Ihr?
Und warum fiel der/die ein*e oder andere Kandidat*in durchs Castingraster?
Julia: Ich würde sagen eine ganz kleine Sekte! Nein, ich glaube erstmal betrachten wir uns als eine lose Organisation. Wir sind natürlich offen für andere Sachen und längerfristige Ziele. Wichtig ist uns die Vernetzung von Frauen hinter der Kamera.
Rosina: Und es ist uns wichtig, dass wir organisch wachsen. Gerade haben wir eine Webseite erstellt. Wir sind ständig in der Kommunikation, müssen aber auch schauen, dass uns das nicht über den Kopf wächst. Wir hoffen, dass tolle Projekte entstehen, tolle Menschen zusammenkommen und auf allen Ebenen Hürden übersprungen werden.
Wie wichtig ist Euch das Thema Vielfalt?
Julia: Es ist für uns sehr wichtig, dass auch Women of Color, Alleinerziehende oder Mütter dabei sind und wir uns gegenseitig unterstützen. Wir haben Frauen eingeladen, auf die wir persönlich Bock hatten und freuen uns auf weitere Frauen, die dazukommen werden. Was ich mir auch vorstellen könnte, ist, dass wir Workshops organisieren. Aktuell planen wir, Entscheidungsträger*innen der Sender und Streamer einzuladen und ins Gespräch zu kommen, mit dem Fokus speziell auf Frauen.
Rosina: Wir haben auch „Alle Körper im Film“ eingeladen und möchten uns auch noch an die Förderanstalten wenden. Wir wünschen uns eine Sichtbarkeit in allen Bereichen und wollen allen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zusammenzukommen.
Julia: Ich komme ursprünglich vom Theater und wir möchten eine Brücke zwischen Film und Bühne schlagen. In England ist diese Verbindung viel normaler. „Derby Girl“ wurde glaube ich von einer Theaterautorin geschrieben und auch bei „Sex Education“ und „Fleabag“ sind Theaterleute involviert. Wir haben so unfassbar innovative Theater und begabte Theaterschaffende im deutschsprachigen Raum und ich fände es toll, wenn sich die Frauen im Theater und in der Filmindustrie noch stärker vernetzen.
Wie oft trefft Ihr euch und was sind aktuell Themen, die Euch beschäftigen?
Julia: Wir hatten verschiedene Editions, erst in Berlin, dann in Köln und in München. Das Besondere an diesen Treffen ist, dass ein entspanntes Miteinander herrscht, trotz einer professionellen Stimmung. Wie gesagt, es geht uns darum Räume zu schaffen, in denen Frauen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam Projekte aufgleisen können. Geschichten von Frauen für die ganze Welt. Das ist gar nicht so ein Hexenwerk. Das Besondere an diesen Treffen ist, dass viele unterschiedliche, coole Frauen dort sind und so eine coole Atmosphäre herrscht, total nach vorne gerichtet, optimistisch.
Rosina: In München hatten wir z.B. eine Location gebucht und dann über unseren E-Mail-Verteiler zum Treffen eingeladen. Aktuell sind über 150 Frauen im Verteiler und die bringen dann auch noch mal spannende Leute mit. Und wir gehen auch aktiv auf bestimmte Leute zu, die uns interessieren. Wir haben uns zum Beispiel an RTL gewandt und gezielt Mitarbeiterinnen eingeladen. Oder wir haben auch schon ein Speed Dating organisiert. Wir wollen keinen Stammtisch, bei dem man sich alle drei Monate trifft, wo aber nichts passiert. Wir möchten wirklich ins Umsetzen kommen. Ich moderiere dann auch immer an und sage „seid nicht zu schüchtern nach den Karten zu fragen, holt euch die Namen, holt euch die Karten, denn alle sind auch hier für tolle und spannende Projekte.
Julia: Ich glaube, wenn wir das Spotlight haben wollen, das gilt überhaupt für Autorinnen, dann müssen wir es uns halt nehmen.
Wie steht ihr zum Thema Quote? Was bedeutet eine Diversitätsquote für Euch?
Rosina: Quote muss für mich richtig passieren, nicht über Druck. Wenn man einen Stoff über eine schwarze Person schreibt und sich dann eine schwarze Autorin oder einen schwarzen Autor ins Boot holt, nur um den Namen zu haben, damit man irgendwas erfüllt, dann wird das irgendwie ausgehebelt. Da muss man sehr aufpassen, dass man nicht ausgetrickst wird. Ich glaube es braucht eine wirkliche Veränderung und das auf so vielen Ebenen. Mir hat das bisher keine Vorteile gebracht. Eher, dass ich, wenn Gespräche da waren, aufpassen musste, und mich fragen musste, warum bin ich hier? Ist das Gespräch ehrlich und aufrichtig und auf Augenhöhe? Oder bin ich hier, weil mein Name gut zu dem Projekt passt?
Julia: Es gibt auch privilegierte weiße Frauen, die das Spiel quasi mitspielen. Ich bin mit dem Vorurteil großgeworden, dass Frauen einander nicht unterstützen. Meine Realität sieht zum Glück komplett anders aus. Also ich bekomme in meiner Laufbahn als Autorin wahnsinnig viel Unterstützung von Frauen. Ich erlebe ein Miteinander und ein voneinander Lernen und dafür bin ich total dankbar.
Rosina: Das ist auch meine Erfahrung. Ich glaube, dass ich in meiner Karriere auch deshalb da bin, wo ich bin, weil Frauen sich für mich eingesetzt haben. Und das unabhängig von ihrer Herkunft, was für mich als schwarze Frau besonders spannend war.
Arbeitet Ihr mit anderen Organisationen oder Initiativen zusammen? Hattet Ihr schon einmal die Idee, Euch zusammenzuschließen?
Rosina: Wir haben in Köln schon mit Female Filmmakers zusammengearbeitet. Die hatten auch interessante Ansätze. Aber grundsätzlich ist es schon so, dass wir versuchen, autark zu bleiben, weil wir auch noch mal andere Ansätze haben. Aber wir sind natürlich immer offen für Gespräche und dafür, gemeinsame Räume zu schaffen. Uns interessiert vor allem, POC und Frauen hinter der Kamera zu supporten.
Wie kann man bei Euch mitmachen und wie sehen Eure nächsten Pläne aus?
Rosina: Man kann uns gerne über unsere Webseite per Mail kontaktieren. Gerne auch etwas zum Werdegang schreiben, damit wir auch wissen, woher die Person und wie wir unterstützen können. Wir sammeln dann, auch über Instagram, und laden alle ein, wenn wir ein Treffen planen. Spätestens zur Berlinale möchten wir auf Fall etwas machen und uns dort auch präsentieren. Nach vorne gehen und zeigen, dass wir professionell sind, dass ganz viele spannende Frauen dabei sind, die viel gemacht haben und dass wir daran interessiert sind, Projekte umzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Website: https://www.women-come-together.de/
© Sven Serkis |
© privat Ich bin Rosina Kaleab und stamme aus Eritrea. |
Castings: „Derby Girls“: Pierre-François Créancier | „Sex Education“: Lauren Evans | „Fleabag“: Kelly Valentine Hendry, Alex Irwin, Victor Jenkins, Olivia Scott-Webb | „Vaterland/37 Sekunden“: Dorothee Weyers (BVC) | „Druck“: Angelika Buschina, Bettina Schlömer, Raquel Kishori Dukpa, Melek Yaprak | „Meine Freundin Volker“: Deborah Congia (BVC), Kinder & Jugendliche: Patrick Dreikauss | „Davos 1917“: Emrah Ertem, Italy: Cassandra Han (BVC | ICDA), Switzerland: Nina Moser | „Hübsches Gesicht”: Stephanie Maile (BVC) | „Ruby”: Stephanie Maile (BVC), Kinder: Anna Kugel
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