25 Jahre Verband der Agenturen. Der 1998 gegründete Verband steht nicht nur für ein Vierteljahrhundert leidenschaftlicher und engagierter Verbandsarbeit zur Stärkung und Qualitätssicherung des Berufsbilds von Künstleragent*innen und deren Anliegen. Auch die aktuellen filmpolitischen und gesellschaftlichen Heraus- forderungen prägen deren Agentur-Alltag. Die VdA-Agenturen betreuen nicht nur Schauspieler*innen, sondern zu rund 20 Prozent auch Kreative aus anderen Gewerken wie z.B. Drehbuchautor*innen. Malte Lamprecht ist Agent für Drehbuch, Regie und Kamera in der Berliner Agentur Schlag und war von 2016 bis 2019 Vorstandsmitglied des VdA. Im Interview spricht Malte u.a. über Wertschätzung, Baustellen und KI.
In welcher Situation befinden sich die deutschen Drehbuchautor*innen – und damit auch ihre Agent*innen? Wo läuft es aktuell gut, wo liegen die Baustellen?
Die Möglichkeiten der kreativen Entfaltung waren nie besser. Grundsätzlich gibt es für die Autor*innen durch die vielen Streamer, die in Deutschland für den internationalen Markt produzieren, keinerlei Beschränkungen mehr was Genres und Budgets und internationale Sichtbarkeit angeht. Zwei meiner Klient*innen haben gerade eine SciFi-Serie für ein zweistelliges Millionenbudget geschrieben und inszeniert. Und das, obwohl sie noch relativ am Anfang ihres Berufslebens stehen. Das wäre vor 10/15 Jahren nicht möglich gewesen. Auch die Möglich- keit der Sichtbarkeit eines Films oder einer Serie von 220 Millionen Menschen weltweit ist für viele sehr reizvoll.
Dennoch haben wir alle in den letzten Monaten erlebt, wozu das Überangebot auch führen kann. Momentan erleben wir eine größere Zurückhaltung gegenüber teureren, historischen Stoffen oder eskapistischen Ideen zurück zum Mainstream und vermeintlich publikumssicheren Crime-Projekten und bestehenden Marken. Insgesamt beginnt ein etwas stärkerer Kampf um weniger Produktionen. Vom Kinomarkt brauche ich hier gar nicht zu sprechen. Das ist sehr schade. Da ich als Agent und auch persönlich immer die Mischung im Blick habe und gerne auch abseitigere Stoffe und Arthouse Filme sehen möchte, die es aber sehr, sehr schwer haben.
Gibt es genug Wertschätzung für die kreative Arbeit von Drehbuchautor*innen?
Ich denke Wertschätzung kann man nie genug erhalten. In Deutschland wird generell mit Lob sehr sparsam umgegangen. Aber es hat sich in den letzten Jahren durch die Initiativen und Aktionen der Autor*innen wie K18 und den VDD und das dadurch erwachte Bewusstsein der Branche über ihre Abhängigkeiten von guten Autor*innen doch einiges getan. Dennoch kommt es immer wieder mal vor, dass die Autor*innen in Pressemeldungen, bei Preisverleihungen etc. nicht genannt werden. Aber das sind vergleichsweise Marginalien. Die wichtigste Art der Wertschätzung, die Bezahlung, kommt leider oftmals noch zu kurz. Nur ein Beispiel: Die Autor*innen erhalten noch immer 40-50% ihres Honorars erst bei Drehbeginn. Selbst wenn sie die Arbeit zur Zufriedenheit aller verrichtet haben und längst fertig sind, müssen sie lange auf die Hälfte ihres Honorars warten, obwohl sie gar keinen Einfluss darauf haben, ob das Projekt realisiert wird oder nicht. Falls nicht, dann haben sie zu einem Dumpingpreis gearbeitet. Das kann man sich in keiner Dienstleistungsbranche vorstellen. Insofern gibt es hier noch einiges zu tun.
Inwieweit siehst Du den KI-Einsatz im Drehbuchbereich (von Autoren/Produktionen)?
Wie schätzt Du die Entwicklung ein, auch mit Blick auf eine zukünftige Vertragsgestaltung?
Das ist ein großes Thema, welches wir als Agent*innen in einem Zusammenschluss schnell aufgegriffen haben. Aber die Entwicklungen sind hier so rasant, dass ich kaum hinterher komme. Es gibt bereits zahlreiche Seminare von Filmschulen und Drehbuchdozent*innen, in denen KI als hilfreiches Tool bei der Drehbuchentwicklung vermittelt wird. Der Einsatz von KI sowohl von den Autor*innen als auch den Produzent*innen ist nicht mehr aufzuhalten. Es kann sicher für einige nützlich sein, dennoch benötigt auch eine KI noch immer kluge Autor*innen, die damit umgehen können. Von vielen Autor*innen, die bereits damit arbeiten, höre ich aber auch, dass sie durch die KI erfahren, welchen Weg sie nicht gehen möchten und wie sie eher nicht schreiben wollen, da es doch noch sehr hölzern und unausgereift ist. Aber das kann sich schnell ändern. Von daher sollten wir vertraglich gewappnet sein und sind dabei, verbindliche Standards für Drehbuchverträge zu entwickeln. Es darf nicht dazu kommen, dass ein Drehbuch abgenommen ist oder ein Autor eine solide Grundlage schreibt und diese dann durch eine KI weiterentwickelt wird. Ebenso besteht die Gefahr, dass kleinere Vorstufen von Werken wie Pitches, Kurzkonzepte oder Exposés mithilfe von KI erstellt werden und somit den Autor*innen Aufträge entzieht. Das lässt sich bislang nicht verhindern und wird teilweise schon praktiziert. Die Konzepte klingen oftmals auch entsprechend blutleer. Wie immer bei neuen Entwicklungen gilt es, die Waage in der Balance zu halten und die positiven Eigenschaften sich anzueignen, ohne die Entwicklung aufzuhalten und zugleich die Gefahren im Blick zu behalten und einzudämmen. Das Einspeisen von Werken in ein Programm zum Training der KI sollte ebenfalls reguliert werden. Hierdurch entstehen neue Werke, deren urheberrechtlicher Ursprung und damit auch ggf. finanzielle Ansprüche, nicht mehr nachvollziehbar sind.
Wirst Du KI in Deinem Arbeitsalltag in der Agentur einsetzen? Wo siehst Du da Einsatzmöglichkeiten?
Nein. Hier sehe ich für mich/unsere Agentur momentan keine Ansatzpunkte.
Du warst von 2016 bis 2019 auch im Vorstand des VdA aktiv.
Was tun die im VdA versammelten Drehbuchagent*innen, um ihr Gewerk zu stärken?
Siehe unter anderem die Antwort zur Frage 3. Wir schließen uns zusammen und beratschlagen uns zu aktuellen Themen, um noch stärker als sowieso schon die Interessen unserer Klient*innen vertreten zu können. Die Vertragskonditionen sind sehr im Fluss und werden stetig den Marktsituationen angepasst. Vor allem global agierenden Medienkonzernen und Streamern ist nur beizukommen, wenn wir Agent*innen und unsere Autor*innen an einem Strang ziehen. Es ist immer ein sehr kollegialer Austausch in der Sache, bei dem Konkurrenzgedanken keine Rolle spielen. Wir sind außerdem im regelmäßigen Austausch mit dem DDV, der im Gegensatz zu uns mit den Sendern und Streamern Verhandlungen zu neuen GVRs führen kann. Der VdA und wir Agent*innen sind keine Tarifpartei, können aber aus unserer täglichen Verhandlungspraxis berichten und dem DDV beratend zur Seite stehen, um für die Autor*innen bestmögliche Abschlüsse zu erzielen.
www.verband-der-agenturen.de/25-jahre-vda-interview-mit-malte-lamprecht
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