Steckbrief:
Armin Rohde wurde 1955 in Gladbeck geboren. Nach seiner Ausbildung an der Essener Folkwang-Schule, spielte er lange erstmal Theater auf unterschiedlichen Bühnen, bevor er 1992 mit seiner Rolle als „Bierchen" in „Kleine Haie" den Durchbruch beim Film schaffte. Darauf folgten unzählige bekannte Kino- und TV-Produktionen wie z.B. „Der bewegte Mann" (Casting: Horst D. Scheel | BVC), „Rossini" (Casting: An Dorthe Braker | BVC) und „Lola rennt" (Casting: An Dorthe Braker | BVC, Castingberatung; Nessie Nesslauer). Er gehört heute zu den bekanntesten Theater- und Filmschauspielern Deutschlands.
Was hat Sie dazu bewegt, das Buch „Größenwahn und Lampenfieber" zu schreiben?
Ich übe diesen Beruf jetzt schon seit dreißig Jahren aus und kenne ihn von vielen Seiten: als Theater-, Film- und Fernsehschauspieler, aber auch als Lehrer an der Folkwang-Schule und Ratgeber für jüngere Kollegen am Set. Darüber hinaus habe ich gemerkt, dass meine Interviews gerne gelesen werden, selbst von Kollegen. Schlussendlich ist somit die Idee entstanden, dieses Buch zu schreiben. Als ich dem Rowohlt Verlag davon erzählte, fanden die das sofort eine gute Idee und forderten mich auf: Fang an und schreib los!
Das Buch ist eine Mischung aus Biographie und Ratgeber. Stand dieses Konzept von Anfang an fest oder hat sich das erst im Schreibprozess entwickelt?
Ursprünglich wollte ich eine reine Fibel für Schauspieler schreiben. Als ich dann aber anfing, wurde es von ganz alleine biographisch. Ich habe gemerkt, dass ich über meinen Beruf kaum schreiben kann, ohne mich da auch als Privatperson einzubringen. So ist es zu dieser Mischung gekommen: berufliche Betrachtungen mit biographischen Erzählungen zu verweben.
Welcher Gattung würden Sie das Buch zuordnen?
Puhhh! Also es ist erst mal ein Buch. (lacht) Wenn der Wunsch besteht, das Buch einzuordnen, dann würde ich sagen, dass es eine „ratgebende Biographie" oder auch ein „biographischer Ratgeber" ist- aber das trifft es ja beides nicht so ganz.
Würde hier nicht am Besten Erfahrungsbericht passen?
Erfahrungsbericht finde ich gut. Danke. Wichtig ist es mir, dass es gut zu lesen ist und auch unterhält. Es wäre mir peinlich gewesen, ein Buch zu schreiben, das langweilig ist. Ist aber gutgegangen.
Welches Feedback gab es bisher zu dem Buch?
Also die bisherigen Leser haben es in einem Rutsch gelesen und finden es rundum gelungen. Das waren sowohl „Zuschauer", als auch Leute vom Fach. Ich hatte schon Zweifel, ob es für Kollegen vielleicht nicht genug in die Tiefe geht und für den „normalen Zuschauer" vielleicht zu sehr und am Ende ist keiner von beiden glücklich, wenn er das Buch gelesen hat. Dass dies nicht so ist und das Buch in allen Richtungen als unterhaltsam und spannend empfunden wird, hat mich wirklich wahnsinnig gefreut.
Wie war für Sie der Schreibprozess, wie lange hat es gedauert und wann und wo haben Sie geschrieben?
Anfangs wollte ich es als eine Mischung aus Interview und Diktat machen. Hierfür hatte ich mich auch mit zwei Personen getroffen: einem Journalisten und einer Frau, die das schon öfter gemacht hat. Schnell merkte ich aber, dass es zwar faktisch alles Hand und Fuß hatte was die beiden anboten, es aber nicht mein Stil war und auch nicht die Art und Weise, wie ich rede und wie ich ticke.
Somit wurde es ein Soloprojekt und wann immer ich frei hatte, habe ich geschrieben, teilweise bis zu 18 Stunden am Stück. Als mir dann der Abgabetermin im Nacken saß und einfach nicht mehr zu verschieben war, wurde die Nacht zum Tag und der Tag zur Nacht. Am Tag der Abgabe musste ich zudem noch nach Wien zu Dreharbeiten mit Oskar Röhler fliegen. Das Buch endet auch damit!
Wie war denn dann das Gefühl, dieses Buch wirklich zum ersten Mal in den Händen zu halten?
Es kommt mir immer unwahrscheinlich vor, wenn jetzt in Zeitungen und Artikeln unter meinem Namen nun nicht nur Schauspieler oder Grimme-Preisträger, sondern auch Autor !!! steht. Das ist dann schon ein erhebendes Gefühl...
In einem Interview sagten Sie neulich, dass „Schauspielerei für Sie auf unterhaltsame Weise Verwirrung stiften" sei.
Damit meine ich, dass der Berufsausübende aus sehr vielen Persönlichkeiten besteht. Auf die Frage: „Wer sind Sie eigentlich?" weigere ich mich einfach zu antworten. Ich möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden. Damit hätte ich ja als „ziviler Mensch" schon ein Problem, wenn man erwartet, dass man heute wie gestern der gleiche ist. Gerade bei Schauspielern hat man Menschen vor sich, die berufsbedingt ständig anders sein und unterschiedliche Angebote machen müssen. Wir sind Schamanen , keine Gipsfiguren.
Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie Schauspieler geworden sind? Ihre Ausbildung an der Folkwang Schule haben Sie erst mit 25 Jahren, also relativ spät, begonnen.
Ich war ein Spätzünder, stimmt! Mir war lange Zeit nicht bewusst, dass man „Schauspielerei" wie jeden anderen Beruf erlernen kann. Im Wuppertaler Jugendzentrum "Börse", indem es auch ein Off-Theater gab ,dem ich mich hauptsächlich der Mädchen wegen angeschlossen hatte, war ich von Dramaturgen des Schauspielhauses aufgespürt worden.Ich spielte dann eine kleine Rolle an der Berufsbühne und hatte da folgendes Kantinengespräch: „Pass mal auf!", sagte ein Kollege zu mir. „Irgendwie bist du ja schon Schauspieler, aber irgendwie ja auch nicht." „Wieso irgendwie jetzt auch nicht?", fragte ich. Okay! Somit hatte ich zum ersten Mal bewusst von einer Schauspielerausbildung gehört. Zwar hatte ich das Wort schon mal gehört, aber es war mir nie ganz klar, dass es für eine sehr konkrete und ernstgemeinte Berufsausbildung steht.
Und wie ging es dann weiter?
Mir wurde klar, dass es auf jeden Fall besser weitergeht, wenn ich mich ausbilden lasse und somit was im Rücken habe. Auch der Kollege stimmte mir zu: „Es wird Regisseure geben, die Dir jede Menge Unsinn erzählen werden und Du weißt gar nicht, spinnt der jetzt oder hat er Recht? Wenn Du eine Ausbildung machst, hast Du einen Peilstab in der Hand." Ich entschied mich also eine Schauspielausbildung zu machen und nicht von der Straße weg eine Filmkarriere zu starten. Das hätte ich auch machen können, aber wie mir das bekommen wäre, ist die große Frage. Ich finde es wichtiger ein glücklicher Mensch zu sein, als ein erfolgreicher Schauspieler. Heute bin ich beides.
Viele Schauspieler ohne Ausbildung, die auch erfolgreich sind, leiden oft allein unter der Tatsache, dass sie keine Ausbildung haben. Aktuellstes Beispiel, gerade verfilmt: Romy Schneider.
Romy Schneider hätte es garantiert gut getan für ein paar Jahre eine Schauspielschule zu besuchen. Das Max Reinhardt-Seminar hätte sie garantiert genommen.
Ist eine Schauspielschule somit auch ein Ort oder besser gesagt „Hort", wo man Disziplin und Einordnung lernt?
Dort lernt man sicherlich auch durch Disziplin und Einordnung, wie man langfristig als Schauspieler funktionieren kann. Klar kann man mit talentierten Laien Filme drehen, die auch vor der Kamera in einer bestimmten Art und Weise funktionieren. Allerdings nur für eine Zeit lang! Die enden natürlich nicht alle so tragisch wie Romy Schneider, aber man sieht gerade bei diesen Leuten, die von der Straße weggecastet wurden und eine scheinbare Karriere machen, das sie letztlich scheitern.Es ist nur eine Frage der Zeit. Romy Schneider ist im Grunde genommen - ich habe nie mit ihr gearbeitet, aber was man so hört und liest - ihr Leben lang eine ausgebeutete Dilettantin geblieben. Am Ende blieb von ihr eine leere ausgeschabte Hülle übrig.
Doch es gibt auch Schauspieler, die Ihren Weg ohne eine Ausbildung finden, Jürgen Vogel zum Beispiel.
Der ist eine absolute Ausnahmeerscheinung. Ein äusserst robuster, hochbegabter Spezialfall. Der hat den Beruf von Kindesbeinen an kennen gelernt und eben auch das Glück gehabt, nicht nur Leute um sich zu haben, die ihn ausbeuten wollten. Wenn so jemand dann von jemandem fallen gelassen würde, ist der Bursche kräftig genug das zu verkraften, um die nächste Herausforderung in Angriff zu nehmen. Das setzt aber eine ganz bestimmte Persönlichkeitsstruktur voraus und die war meiner Meinung nach bei Romy Schneider nicht vorhanden. Schließlich geht es ja auch darum, sich als Mensch eine gewisse Lebensfreude zu bewahren. Wie ich auch in meinem Buch schreibe: ein glücklicher Bademeister ist mir lieber als ein unglücklicher Schauspieler!
Sie wurden, um es mit dem amerikanischen Fachbegriff auszudrücken gerne als DER Supporting-Actor der deutschen Filmlandschaft bezeichnet. Fühlen Sie sich von dem deutschen Begriff „Nebenrolle" unterbewertet?
Das trifft für mich in mehrfacher Hinsicht nicht zu. Ich habe sowohl im Fernsehen wie auch im Theater über 12 Jahre Hauptrollen gespielt. Bis vor 10 Jahren war ich im Filmgeschäft sicherlich die Nummer Eins der zweiten Reihe und das war ich auch gerne. Irgendwann - und das hängt sicherlich mit meiner Arbeitswut zusammen - wollte ich einfach mehr zu tun haben. Um aber noch mal auf den Begriff „Supporting Actor" zurückzukommen. Der Begriff ist mir einfach lieber. Der deutsche Begriff „Nebenrolle" ist einfach nur daneben. Was heißt das? Nebenan, nebenbei, daneben oder nicht so wichtig? Das ist alles Quatsch.
Sie haben sich somit im Laufe der Jahre im Filmgeschäft von der zweiten in die erste Reihe hochgearbeitet. Eine sehr ungewöhnliche Karriere, oder?
Hätten Sie mir jetzt nicht schon auf die Schulter geklopft müsste ich sagen: „Armin alter Knabe, Du hast es richtig gemacht, Dich nicht immer nur auf die Hauptrollen gestürzt zu haben!" Amerikanische Castingbücher raten ja: Lieber in einem schlechten Film die Hauptrolle, als in einem guten die Nebenrolle. Da fasse ich mir doch wirklich an den Kopf: Welche Karriereplanung steckt denn da dahinter? Mich hat es immer mehr interessiert, ob ich eine tolle Rolle spielen darf und nicht wie viel Text ich habe, wie oft ich da vorkomme und wie viele Minuten ich nachher auf der Leinwand zu sehen bin. Viel wichtiger ist mir die Frage: Taugt die Rolle was und kann ich da mit dem Regisseur und den Kollegen was Feines herstellen? Wer immer nur Hauptrollen spielt, begibt sich in grosse Gefahr dass das Publikum seiner irgendwann überdrüssig wird.
Glauben Sie, dass Sie auf einen bestimmten Typen festgelegt sind?
Es gibt immer wieder Leute, die versuchen einen in eine bestimmte Schublade zu stecken und natürlich gibt es auch die Erwartungshaltung des Publikums, die einen Schauspieler als einen bestimmten Typ kennen lernen, mich bspw. als „Bierchen" oder als „schwuler Metzger". Da muss ich sagen: „Liebes Publikum! Das gibt es bestimmt auch mal wieder, aber lassen Sie uns mal schauen, was Küche und Keller sonst noch zu bieten haben." Also Appetit auf mehr machen ist hier mein Credo. Man muss davon nicht unbedingt satt werden. „Bierchen" als Hauptrolle würde möglicherweise gar nicht funktionieren. Es hält sich hier wie mit einem Walfisch. Er ist nicht nur interessant, weil er groß ist, sondern weil man ihn die meiste Zeit nicht sieht. Wenn man jeden Tag einen Walfisch vor der Linse hätte, würde man den irgendwann langweilig finden.
Sie selbst schreiben im Buch, dass Sie sich wünschen, irgendwann mal einen richtigen Fiesling spielen zu dürfen.
Ja! Das ist so wie mit Nachbars Garten. Der Böse will immer was Komisches machen und der Komiker will mal ganz tragisch sein. Ich bin wohl ein Tragikkomiker! „Ahhh hoffentlich geht das heute gut! Aber so wie wir ihn bisher kennen, wird das schon gut gehen, aber wir zittern gerne mit!" Nehmen wir mal Christoph Waltz in „Inglourious Bastards" als Beispiel. Das Irre ist ja: er spielt da eigentlich einen charmanten Menschen, der sehr aufmerksam ist und doch die Ruhe in Person. Die Tatsache, dass er ein grauenhafter Schlächter ist, entsteht ja erst durch die Handlung. Das ist eine Rolle, die sich jeder Schauspieler wünscht!
In Ihrem Buch geben Sie den Ratschlag: „Für einen Schauspieler und seine Karriere ist es nicht so wichtig, welche Rollen er spielt. Wichtiger ist, welche er nicht spielt. Konnten Sie selbst immer frei wählen?
Na ja wählen kann man ja nur aus dem, was einem angeboten wird. Auffällig ist, dass man nach einem Erfolg sehr oft ähnliche Rollen und Drehbücher angeboten bekommt, die aber meistens nicht so gut geschrieben sind wie das ,was man da gerade sehenswert gezeigt hat. Ich habe dann stets das ausgesucht, was am Besten geschrieben war und natürlich auch geschaut, wer es machen wird. Rückblickend habe ich mich rein instinktiv auch jeweils für die Rolle entschieden, die der davor am unähnlichsten war. Im Laufe der Jahre oder besser gesagt Jahrzehnte habe ich somit versucht, meinen Fächer als Schauspieler immer breiter aufzustellen und mein Spektrum zu erweitern. Mittlerweile habe ich einen Albert Einstein, einen Heinrich George und Räuber Hotzenplotz gespielt. Man scheint mir inzwischen also eine Menge zuzutrauen und anscheinend ist meine Rechnung somit aufgegangen. Ich muss daher immer grinsen, wenn junge Schauspieler sagen, sie wären mit ihrem Image unzufrieden. Denen sage ich dann, höchstwahrscheinlich hast Du noch überhaupt keines. Und wenn du irgendwann eins hast, dann freue Dich und rege Dich nicht auf: Die Leute haben dich wahrgenommen und damit wirst Du dann eben - sei getröstet junger Freund - auch erstmal und vorübergehend eine Zeit lang identifiziert. Dennoch sollte man ein gewisses Gespür entwickeln: wo bin ich und wo will ich eigentlich hin?
Das Buch ist an manchen Stellen auch sehr persönlich, wenn Sie bspw. vom Tod Ihrer Mutter sprechen und Sie weiterhin zum Dreh gegangen sind, dem Tod des Stuntmans oder Ihren Drogenerfahrungen in den USA. Wie viel Mut brauchte es hierfür die Feder in die Hand zu nehmen?
Gar keinen Mut. Es ist ja nichts wofür ich mich schämen oder entschuldigen müsste. Wofür auch? Ich fand, dass es in mein Buch gehörte, weil es auch damit zu tun hat, wie ich meinen Beruf ausübe und wie ich Menschen und das menschliche Miteinander sehe. Es ist ja nicht so, dass man ein rotes Schauspielerknöpfchen drückt und was dann passiert hat dann mit den gemachten Erfahrungen und den gelebten Gefühlen nichts mehr zu tun.
Im Buch beschreiben Sie auch Ihren ersten Kontakt mit der Münchner Caster- und Agentenszene. Inwieweit hat sich diese Branche in den letzten Jahren verändert?
Ich glaube, es ist für alle Beteiligten schwieriger geworden. In den 90-er Jahre betraten die Privaten Sender die Medienbühne und es gab auf einmal sehr viel Arbeit, auch für solche die nicht wirklich Schauspieler sind. Das hat sich radikal gewandelt. Da die Filmwirtschaft auch ein Teil der Weltwirtschaft ist, wird sie auch von der Krise betroffen. Allen voran die Privatsender - abhängig von Werbeeinnahmen - produzieren immer weniger im Fiction-Bereich. An die Stellen von qualitativ-hochwertigen Filmen mit Schauspielern sind weit weniger kostenintensive Nachmittagsshows mit Richtern, Köchen, etc. gerückt. Fragen Sie mich jetzt nicht, was man da noch so alles ausbuddeln wird, um das Programm voll zu machen. Ich finde die Entwicklung fatal. Auf lange Sicht werden diese Sender ihre Kundschaft verlieren, weil sie einfach austauschbar werden. Kundenbindung erreicht man auf Dauer nur durch Identifikation mit einem qualitativ hochwertigem Produkt!
Hilft eine Clownausbildung, um bei der Schauspielerei die Nerven zu bewahren?
Helfen ist das falsche Wort. Es ist für mich so, dass es überhaupt gar nicht mehr vorstellbar ist, diese Ausbildung nicht gemacht zu haben. Es setzt eine absolute Wachheit voraus. Zunächst geht es darum, herauszufinden, wo bin ich selber doof und wie verstärke ich das so, dass die Leute es komisch finden.
Ich bin froh, dass ich nicht nur eine, sondern sechs dieser Schulungen während meiner Schauspielausbildung besucht habe. Ich habe dadurch eine Stabilität bekommen, eine„Gewitztheit" ein geschärfter Blick. Ein Abklopfen von Können, Rollen und von Texten.
Sie waren ja von Anfang an dabei, als das deutsche Kino „Mainstream" wurde. Wie beurteilen Sie die Kinoentwicklung der letzten Jahre-gerade für den deutschen Film?
Da ist sehr viel passiert. Ich habe ja relativ spät im Kino angefangen, da ich hauptberuflich am Theater beschäftigt war. Drehen kam da nicht so gut: Wenn ich für einen „Tatort" drei Tage frei haben wollte, wurde die Nase gerümpft. In der Produktion „Rote Erde" sollte ich eine Hauptrolle spielen, aber hatte keine Chance vom Theater freigestellt zu werden. An-Dorthe Braker hatte wie eine Löwin für mich gekämpft damals. Heutzutage haben viele junge Schauspieler die Möglichkeit in ganz tollen Filmen - nicht immer unbedingt in den großen Kassenkrachern - mitzuspielen, wo ich mir rückblickend wünsche, dass hätte ich am Anfang meiner Karriere auch gehabt.
Aber dieser sperrende Habitus der Theater hat sich doch mittlerweile verändert?
Zwangsläufig! Auf der einen Seite werden immer mehr Theater geschlossen und auf der anderen Seite haben die Intendanten gemerkt, dass man tolle Schauspieler nur halten kann, wenn man Ihnen hin und wieder auch mal gestattet, zu drehen und es nicht so hinstellt, als ob das den Untergang des Abendlandes einleitet. Die, die vor Jahren noch die Nase gerümpft haben, kommen heute zu mir, um mich nach Branchenkontakten zu fragen. Daran merkt man wie relativ alles ist. Doch es gibt keinen Grund, sowohl von der einen wie der anderen Seite, die Nase zu rümpfen. Weder übers Theater noch übers Fernsehen.
Von der Eitelkeit sagt ein altes Sprichwort - welches Sie auch in Ihrem Buch zitieren - „sie fräße das Herz der Begabung". Ist die deutsche Film-, und Fernsehbranche oder Theaterlandschaft eitel?
Wenn es darum geht, cool und gut aussehend rüber zu kommen, kann ich nur sagen, je besser jemand ist, umso weniger hat er das nötig und je weniger jemand anzubieten hat, umso mehr braucht er das mit der Eitelkeit und dem Blendwerk.
Und die Industrie/die Branche?
Hier gehört das Klappern zum Handwerk oder Blendwerk, rote Teppiche auszurollen und gutgelaunt Champagner zu trinken.
Wer ist das Publikum Ihres Buches?
Im Theater ist das so: Wenn von den vielen Seelen auch nur eine einzige meine Seele lesen kann, dann hat sich der Abend schon gelohnt.
Bekehrt?
Nein! Ich bin kein Messias. Ich will nur, dass eine Seele die andere Seele lesen kann und wenn es nur für zwei Stunden ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Lesetour
18.01.2010 Berlin, Berliner Ensemble, 20 Uhr
19.01.2010 Köln, Mayersche Buchhandlung, 20:15 Uhr
20.01.2010 Düsseldorf, Mayersche Buchhandlung, 20:15 Uhr
21.01.2010 Essen, Mayersche Buchhandlung, 20:15 Uhr
22.01.2010 Bochum, Buchhandlung Janßen, 20:00 Uhr
28.01.2010 Iserlohn, Parktheater, 20:00 Uhr
rororo | Paperback | 12,00 € | ISBN: 978-3-499-62501-5
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Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der Rubrik: Über uns.
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