Steckbrief:
Während seiner privaten Schauspielausbildung in Frankfurt spielte Lars von Saldern bereits Theater. Ersten kleineren TV-Rollen ("Ein Starkes Team" , "Tatort", "Tödliche Wahl" u.a.) folgten Mitte der 90-er Jahre größere Rollen (z. B.: durchgehende Rolle in 7 Episoden für „Happy Birthday"). 1996 ergab sich die Gelegenheit nach Los Angeles zu gehen, wo er über einen Freund Tracy Roberts an dem von ihr geleiteten Actor's Studio kennen lernte. Dort wurde er so warm und herzlich aufgenommen, dass - auch wenn er zu dieser Zeit eine durchgehende Rolle in einer TV-Serie hatte und ein paar Jahre zuvor den Drehbuchpreis des Landes NRW gewonnen hatte - sich kurzerhand entschloss, nach Hollywood zu ziehen. Sein Plan gleichzeitig in L.A leben und am Actor's Studio arbeiten zu können sowie parallel seine Karriere in Deutschland zu pflegen, stellte sich jedoch als Fehleinschätzung heraus. Er spielte zwar noch eine der Hauptrollen in dem RTL-Dreiteiler „Julia - kämpfe für Deine Träume" und eine Gastrolle in dem ZDF-Zweiteiler „Herzflimmern", aber das waren dann auch vorerst seine letzten deutschen Produktionen. In den USA produzierte er nun drei Dokumentarfilme fürs Fernsehen und führte auch gleichzeitig Regie. Er co-produzierte den Film „Gone to Maui" mit Pat Morita und ihm in der Hauptrolle für Hallmark Channel (leider wurde der Film seiner Meinung nach so grauenvoll synchronisiert bzw. neu getextet, dass er ihm heute in Deutschland fast peinlich ist). Er versuchte sich im Co-Finanzierungsgeschäft, in der Hoffnung, dadurch größere Unabhängigkeit als Künstler zu erlangen. Die letzten beiden Jahre in den USA wurden, gelinde gesagt, sehr abenteuerlich und nicht nur auf Grund einer schweren Krankheit war Lars von Saldern - wie er im persönlichen Gespräch andeutet - nicht sicher lebend nach Deutschland zurückkehren zu können. 2004 kam er dann aber tatsächlich zurück und fing von ganz vorne an. Er schrieb einen Roman, der besonders Erfahrungen seiner letzten Jahre in L.A. verarbeitet sowie das Drehbuch zu einem Film, den er selbst produzieren möchte und steht auch selbst wieder vor der Kamera: Im September spielt er eine Episodenhauptrolle für eine ZDF Serie. Nächstes Jahr soll er in einem tollen Projekt gemeinsam mit Tony Curtis in einem US-Film vor der Kamera stehen: „Ich klopfe aufs Holz, denn Finanzierungsverhandlungen für das Projekt laufen noch!"
Eine Frage vorweg: Der eine oder andere Caster kennt dich noch aus deiner Zeit vor den USA als Lars Kamper, du heißt aber jetzt Lars von Saldern?
Ja, ich habe geheiratet und dabei den Namen meiner Frau angenommen. Sie hängt an ihrem Familiennamen sehr, ich an meinem gar nicht, weder privat noch beruflich. Ich befand mich als wir heirateten sowieso mitten in einem Neuanfang und niemand interessierte sich mehr für Lars Kamper, da konnte ich auch gleich völlig neu, mit neuem Namen wieder beginnen und die Vergangenheit ganz begraben.
Am 3. Oktober veranstaltest Du im Rahmen der Cologne Conference das Projekt CAST IN AND FIND OUT. Ein persönliches Zusammentreffen einer Auswahl von Schauspielern und interessierten Casting Directors. Was war Dein Beweggrund?
Angefangen hat alles beim Filmfest München während des BVC-Symposiums zum Thema Casting, wo ich wieder einmal nicht meinen Mund halten konnte. Ich schlug innerhalb der Diskussion einen Event vor, der es Castern und Schauspielern ermöglicht, die Distanz der persönlichen Unterlagen zu überbrücken. Als ich später darüber nachdachte, war mir klar, dass ich, wollte ich mir treu bleiben, nicht nur reden, sondern auch versuchen musste, meinen Vorschlag in die Tat umzusetzen. Es gibt eine japanische Philosophie „Kaizen" (Veränderung zum Besseren), die bedeutet, dass ein jeder dazu aufgerufen ist innerhalb seines noch so kleinen Aufgabenbereiches nach Verbesserungsmöglichkeiten zu schauen, diese vorzuschlagen und umzusetzen, dabei geht es auch um echte Kleinigkeiten. Diese Methode wird oft als Erfolgsrezept des Weltkonzerns Toyota erwähnt und deswegen auch „Der Toyota Weg" genannt. Diese Philosophie wird von vielen internationalen Firmen heutzutage umgesetzt und ist, so finde ich, auch für uns als Filmschaffende in allen Bereichen sehr hilfreich.
Wie soll das Ganze von statten gehen?
Ich muss dazu sagen, dass dies ein Pilotprojekt ist und ich hoffe, dass es immer besser wird. Man kann es einfach nicht jedem recht machen. Momentan scheint der Konsensus so zu sein: Jeweils 2 Caster sitzen an einem Tisch und dazu kommen für ca. 20-30 Minuten 3 Schauspieler, dann kommt die nächste Gruppe und die drei Schauspieler ziehen einen Tisch weiter. Wobei sich hoffentlich alle in lockerer Atmosphäre kennen lernen. Anschließend gibt es noch ein allgemeines „Get Together". Es geht nicht darum, dass Schauspieler glauben sollen, sie müssten jetzt performen, sondern es soll darum gehen, einen kurzen Eindruck des Menschen zu bekommen.
Diese Aktion ist gemeinläufig auch unter dem Namen „Speeddating bekannt". Wo hast Du das erste Mal von diesem „Event" gehört?
Zuerst müssen wir den Begriff Speed Dating loswerden, auch wenn er die Technologie fast korrekt beschreibt, scheint er viele Leute auch abzustoßen. Ich habe erst seitdem ich das Projekt vorbereite davon gehört, dass es so etwas ähnliches schon Mal in Wien gab. Ich war so naiv zu glauben, ich hätte diese Idee als erster gehabt......Neulich hatte ich die Idee eines kleinen Apparates, dem man sich zuhause ins Wohnzimmer stellt und dann Filme guckt. Gibt es das auch schon?
Einfach noch Mal zur Andersartigkeit Deines Projekts: Ein paar Caster finden solche "oberflächlichen" Treffen eher für Komparsen sinnvoll, aber nicht für Schauspieler. Was würdest Du Ihnen entgegenhalten?
Es zeigt halt, dass wir alle verschiedene kreative Menschen mit verschiedenen Meinungen sind. Beim Münchener Filmfest konnten sich die Caster im Panel nicht darauf einigen, was für Unterlagen sie von Schauspielern in welcher Form (Digital, Hardcopy, DVD oder alles nur online) wollten. Jeder arbeitet auf seine Weise, dies bedeutet aber nicht, dass man neue Dinge nicht zumindest einmal versuchen sollte und in dem Sinne ist mein Projekt ja auch nicht ein auf Sekunden-Minuten angelegtes Speeddating. Als Schauspieler greifen wir auf verschiedene Ressourcen zurück, viele dieser Ressourcen haben mit unseren Erfahrungen zu tun, siehe z.B. „emotional memory" um nur ein Beispiel zu nennen. Keine DVD gibt darüber Auskunft über welche Ressourcen ein Schauspieler verfügen KÖNNTE. Ein persönliches Gespräch könnte im besten Fall zumindest dazu führen, solche Ressourcen zu erahnen. Es gibt keine Information ohne Kommunikation. Ich bin der persönlichen Meinung, dass je mehr Information jemand hat, desto besser kann er sich ein Bild machen und eine Situation oder Person einschätzen. Ich finde es traurig auf eine Demo DVD reduziert zu werden, die nur wiedergibt, wofür man bisher gecastet wurde, nicht aber was man leisten kann. Etwas tiefer zu blicken müsste doch eigentlich für einen Caster extrem spannend sein. Auf jeden Fall sehe ich nicht, wie es schaden könnte.
In welchen Räumlichkeiten soll das ganze stattfinden?
Ich bin diesbezüglich im Gespräch Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung gestellt zu bekommen, aber solange dies noch nicht schriftlich bestätigt ist, möchte ich mich mit einer Aussage zurückhalten.
Welche Casting Directors haben bereits zugesagt?
Drei namhafte Caster aus München, Berliner und NRW Raum haben bereits zugesagt, aber ich möchte ohne Zustimmung keine Namen nennen. Ich denke, dass noch mindestens drei weitere die Tage nachziehen werden und ich hoffe auf noch weitere fünf in der kommenden Woche.
Wie kann man sich als Schauspieler bewerben?
Leider als Einzelperson gar nicht. Ich habe mit den Castern verabredet, dass wir wahrscheinlich die Agenturen inkl. ZAV bitten werden Vorschläge zu machen. Von diesen Vorschlägen werden dann auf Grund der zeitlichen Begrenzungen 36 ausgesucht - allerdings nicht von mir! Ein bisschen diskutieren wir die genaue Vorgehensweise noch, da hier der größte organisatorische Aufwand liegt und besonders auch die Caster versuchen wollen so gerecht wie möglich zu sein.
Dürfen auch Nachwuchsagenturen Ihre jungen Schauspieler vorschlagen?
In diesem Pilotprojekt wäre es mein Ansatz, dass es erst Mal ausschließlich für ausgebildete professionelle Schauspieler gedacht ist, die auf dem Markt überleben müssen und somit auf solch eine Chance regelrecht warten. Dies ist aber nur meine Meinung. Die exakte Entscheidung soll allerdings das Plenum der Caster, die an dem Proekt teilnehmen, tätigen.
Warum schränkst Du Dein Projekt nicht zunächst auf Schauspieler aus dem NRW-Raum ein? Oder anders gefragt: ist es nicht ein wenig aufwendig als Berliner Schauspieler nach Köln zu kommen, um beispielsweise einen Berliner Caster kennen zu lernen?
Vielleicht tun wir das ja. Erst muss die Gruppe der teilnehmenden Caster feststehen, dann werde ich den Damen und Herren Vorschläge machen und hoffentlich auch Vorschläge bekommen. Würde ich aber jetzt irgendeine Entscheidung dieser Art verkünden, könnte dies ein Grund für einen Caster sein, nicht dabei zu sein, also ist es wichtig, erst die Caster an Board zu bekommen und dann gemeinsam die Vorgehensweise fest zu zurren.
Wie kommt schlussendlich die Auswahl der eingeladenen Schauspieler zustande?
Die Caster werden die Auswahl dann treffen, wie genau besprechen wir noch, aber ich will hier noch nicht vorweg greifen, bis sich die teilnehmenden Caster entschieden haben.
Wann ist Bewerbungsschluss?
Bis zum 28.8. sollte ich von Seiten der Caster mindestens sechs feste Zusagen haben, sonst würde ich den Event absagen.
Was versprichst Du Dir von der Aktion?
Erst einmal möchte eine ganze wichtige Sache deutlich machen: Ich verdiene bei dieser Aktion keinen einzigen Cent. Ich mache dies ehrenamtlich. Ich werde selbst nicht einmal bei dem eigentlichen Prozess mitmachen und von Tisch zu Tisch ziehen, da ich auch dies für einen Interessenkonflikt halte. Ich will diesen Event getreu dem Kaizen Motto, in meinem bescheidenen Bereich etwas zur Verbesserung für die Gemeinschaft beizutragen durchziehen. Ich weiß, das klingt total geschwollen, ist aber tatsächlich so. Ich glaube, dass für uns als Künstler - Schauspieler und Caster - der Dialog extrem wichtig ist. Wir müssen uns immer wieder selbst hinterfragen und offen bleiben für Neues. Caster haben eine Kartei mit zig tausend Schauspielern, wie sollen die es schaffen, sich wirklich an alle zu erinnern? Natürlich haben die einen Vorteil, die dem Caster einfach präsenter sind. Deswegen halte ich eine Auffrischung für sehr wichtig, denn Menschen verändern sich, privat wie professionell. Man kann meiner Meinung nach weder einen Menschen noch einen Künstler in seiner gesamten Bandbreite durch ein Demotape beurteilen, auch wenn man die Person schon mal vor langer Zeit getroffen hat. Natürlich ist ein solcher Event besonders für die jungen Kollegen wichtig, aber nicht ausschließlich. Wenn wir es schaffen würden, einen regelmäßigen Dialog herzustellen, müssten Schauspieler auch den Castern nicht mehr die Türen einrennen.... Ich trage also zur Entspannungspolitik bei... Aber im Ernst. Wir sind alles Menschen und Profis und wesentlich mehr als 5 Minuten auf einer DVD.
Soll es Folgeprojekte dieser Art geben?
Wenn dieser Event ankommt, würde ich gerne ähnliche Events regelmäßig in Berlin, Köln, Hamburg und München veranstalten. Ich habe auch schon konkrete Ideen, wie man das Ganze noch weiter ausbauen könnte, aber ich glaube, das würde den Rahmen dieses Interviews sprengen.
Du hast etwas über 7 Jahre in den USA gelebt. Hat Dich das verändert und wenn: was hast Du aus den Staaten für Dich mitgenommen?
Es hat mich extrem verändert! Ich habe künstlerisch am Anfang sehr glückliche Jahre am Actor's Studio bei Tracy Roberts erfahren, und auch andere Dinge erlebt, die für drei Leben ausreichen und mich für immer geprägt haben. Was ich mitgenommen habe, ist, außer einer tollen Aus- oder Weiterbildung, die Überzeugung, dass man wirklich etwas erreichen kann, wenn man nicht darauf wartet, dass es andere für einen tun. Wenn es kein Projekt für jemanden gibt, dann kann sich dieser jemand ein Projekt selbst schaffen. Es ist besser eine Doku über die Kneipe an der Ecke, oder mit Freunden ein Kurzfilm auf dem Handy zu drehen, als gar nichts zu tun und zu warten. Aktion erzeugt Energie und Energie erzeugt Momentum. Stagnation bedeutet Tod. Daran glaube ich ganz fest.
Was wünschst Du Dir für die deutsche Casting-Branche?
In zwei Worten: Mutige Auftraggeber!
Jetzt in mehr Wörtern?
Was nützt der kreativste, einfühlsamste und intelligenteste Besetzungsvorschlag, wenn ein Redakteur am Ende wieder einen „Namen" will. Einen Namen zu verlangen ist der verständliche Versuch des Auftraggebers, sich in alle Richtungen abzusichern. Damit wird Fernsehen oft zu einem Stadttheater mit festem Ensemble, wo die immer gleichen Schauspieler an fünf Abenden fünf verschiedene Rollen spielen. Ich bin kein Caster und es steht mir nicht zu, zu sagen was die Castingbranche braucht, aber was wir alle meiner Meinung nach brauchen, sind Menschen mit Visionen und Leidenschaft, die so groß ist, dass sie andere mitreißt. Auch eine Technologie die das allgemeine Karteileichentum beendet wäre toll. Eine Art „breakdown service" (aber bitte den Begriff richtig einsetzen!), wo alle Caster Ihre Anforderungen melden und ausschließlich von Agenturen oder einer neutralen Zwischeninstanz passende Vorschläge erhalten. Dies würde aufwendige Archive unnötig machen und jedes Mal die Karten wieder neu mischen. Eine solche in den USA sehr erfolgreiche Struktur zu implementieren ist nicht schwer, Menschen dazu zu bewegen sie zu akzeptieren, könnte ich mir als größere Herausforderung vorstellen. Wichtig wäre, dass es ein Service für Caster wäre, keine Konkurrenz. Ich könnte mir vorstellen, dass dadurch ganz neue Vorschläge auf den Tisch kommen, wie man diese Vorschläge dann durchsetzt ist ein anderes Problem. Ein Lösungsansatz wäre, und hier verrate ich doch etwas zu Deiner vorherigen Frage über Nachfolgevents, in der Zukunft auch Regisseure, Produzenten und Redakteure in geplante Events mit einzubinden. Wir haben ähnliche Veranstaltungen wie die, die ich ich in der fernen Zukunft plane in den USA regelmäßig organisiert. Ich würde dies als Teil nicht der nächsten CAST IN AND FIND OUT Events, aber zu einem späteren Zeitpunkt gerne versuchen. Ich weiß, was jetzt viele denken, aber es schadet niemandem Visionen zu haben, es schadet nur nicht zumindest zu versuchen diese umzusetzen. Klappt es nicht, sollte es eben nicht sein, aber versucht man es erst gar nicht, wird man nie rausfinden, ob man vielleicht nicht doch etwas Positives bewirken konnte. Wer z.B. dieses Interview wirklich bis zum Ende gelesen hat, hat doch wirkliches Interesse gezeigt und Interesse ist doch die Saat mit der alles anfängt, oder?
Vielen lieben Dank für das Gespräch und alles Gute für CAST IN AND FIND OUT!
Weitere Infos zu Lars von Saldern und dem Voranschreiten seines Projekt finden Sie unter:
www.vonsaldern.us
Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der Rubrik: Über uns.
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