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Planung einer Veranstaltung mit Gebärdendolmetscher*innen:
1. Ich lege mir ein eigenes, mittleres, vierstelliges Budget für die Bezahlung von Dolmetscher*innen an. Dabei kalkuliere ich mit ca. 1.000 Euro pro Veranstaltung (ohne Videoaufzeichnung. Sobald die Veranstaltung und die Dolmetscher*innen aufgezeichnet werden sollen, erhöhen sich die Kosten)
2. Die Suche nach Dolmetscher*innen starte ich fünf bis acht Wochen vor der Veranstaltung.
3. Dabei empfehle ich eine parallele Suche bei diesen Anbieter*innen:
Die Anbieter können bei der Vermittlung von Dolmetscher*innen gut weiterhelfen. Am besten sind aber immer persönliche Kontakte zu Dolmetscher*innen und gehörlosen Menschen. Sie kennen die Herausforderungen, Tricks und Kontakte.
Leser*innenbriefe:
Andreas hat mich darauf hingewiesen, dass es besser ist, von „Dolmetschenden für Deutsche Laut- und Gebärdensprache“ zu schreiben, als einfach „Gebärdensprachdolmetscher*in“ zu nutzen.
Christine und Alexandra schrieben mir, dass es zwar gut sei, einen oder zwei Dolmetscher*innen dabei zu haben, aber es gibt auch Ertaubte, die keine Gebärdensprache können und die eine Schriftdolmetschung benötigen. Menschen, die Hörgeräte oder Cochlea-Implantate nutzen, würden davon auch sehr profitieren. Mögliche Anbieter*innen hierfür könnten sein: VerbaVoice, Kombia oder Bundesverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands (BSD) e.V.
Annalea wies mich noch darauf hin, dass es auch noch technische Hilfsmittel wie mobile Höranlagen oder bereits im Saal verlegte Induktionsschleifen gibt. Sie selber geht so gut wie nie zu irgendwelchen Veranstaltungen, weil es so gut wie nie im Vorfeld Informationen dazu gibt, ob eine Höranlage oder alternativ Schriftdolmetschung vorhanden ist, und es ist ihr mittlerweile zu mühsam, jedes Mal nachzufragen. Sie haben sich im Verband (DCIG e.V.) eine eigene FM-Anlage und die entsprechenden Empfänger angeschafft. Wenn also häufiger Veranstaltungen stattfinden, lohnt sich die Überlegung vielleicht, ob man sich selbst einmal eine FM-Anlage und ein paar entsprechende Empfänger zulegt. Aber die Dinger sind leider sehr teuer. Manchmal haben Hörgeräteakustiker*innen oder CI-Zentren sowas im Angebot. Zum Beispiel hoerkomm.de.
Esther hat vor einiger Zeit ein paar Veranstaltungen mit Simultanübersetzung in einfacher Sprache erlebt und mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen gesprochen. Viele von ihnen fanden das toll, weil sie verstanden haben, worum es geht. Sie empfanden auch mehr Wertschätzung und fühlten sich wohl in der Veranstaltung. Daher findet sie diese für manche Events eine großartige zusätzliche Unterstützung. Gute Erfahrungen habe ich hier mit leichte-sprache-simultan.de gemacht.
Diese Sammlung erschien in Raul Krauthausens Newsletter.
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Weitere nützliche Infos, Tipps & Links:
Dolmetschende oder „Dolmetschende für Deutsche Laut- und Gebärdensprache“ werden stundenweise gezahlt. Hier beginnt der Preis bei 75,00 Euro pro Stunde. Ab einer Dolmetschzeit von mehr als einer Stunde sollte in der Regel eine zweite Person zum Dolmetschen dazukommen. Dementsprechend verdoppelt sich natürlich der Stundensatz. Dazu kommt die Fahrzeit und Kilometergeld. Es gibt auch Agenturen oder Büros, die Pauschalbeträge für einen Tag anbieten. Sollten Videoaufnahmen gemacht werden und/oder etwas veröffentlicht werden, sollte das im Vorfeld kommuniziert werden und auch entsprechend honoriert werden. Von den meisten Dolmetschenden kann man sich Kostenvoranschläge einholen lassen, um besser zu planen.
Weitere Gebärdendolmetscher*innen & Services:
Ruhrgebiet und Rheinland: https://www.a-mao.de
Köln: https://skarabee.de/
Hamburg: https://www.bgn-ev.de/
München: http://www.blickfang-muenchen.de/index.php/dolmetschen/
Verbände/Vereine: https://www.gehoerlosen-bund.de | https://www.gehoerlosen-jugend.de/ | www.bbw-muenchen.de
Relay Dienste: https://www.tess-relay-dienste.de/
DGS-Apps: https://web.kestner.de/apps/
Deaf Performerin: https://www.cindyklink.com/
Die Aktionsgruppe Deaf Performance Now, die Aufklärungsarbeit über das „inklusive Musikdolmetschen“ geleistet hat, gibt es leider nicht mehr. Dennoch kannst Du auf ihrer Webseite ein Repertoire an tauben Performer*innen finden, die Du für Deine nächste Veranstaltung buchen kannst.
Audismus:
Der Begriff bezeichnet die Diskriminierung tauber Menschen. Dieser liegt eine höhere Wertschätzung von Hören und Sprechen und eine Abwertung tauber Menschen als „defekt“ zugrunde. Viele Hörende haben die Vorstellung, dass ein Leben ohne Gehör minderwertig sei. Eine Folge davon ist die Diskriminierung von Gehörlosenkultur und Gebärdensprache(n), die bis heute als weniger wert betrachtet und marginalisiert werden.
Audismus ist tief in der Mehrheitsgesellschaft verwurzelt. Das zeigt sich schon in der (Gehörlosen-)Schule, wenn taube Menschen gezwungen werden, Lautsprache zu erlernen, statt Unterricht in ihrer Muttersprache zu bekommen. Dies ist Realität für viele Taube, da sie in einem hörenden Umfeld aufwachsen. Auch wird vielen von ihnen der Zugang zu Veranstaltungen oder Ausbildungen verwehrt, weil diese keine Dolmetscher*innen für Gebärdensprache und deutsche Lautsprache bereitstellen.
Zudem stehen nur wenige Informationen in Gebärdensprache zur Verfügung, etwa im Internet. Nicht alle Menschen, die Gebärdensprache als Erstsprache nutzen, können ohne Schwierigkeiten Schriftsprache lesen und schreiben, da diese nach ganz anderen Regeln funktioniert und wie eine Zweitsprache erlernt werden muss.
Audismus im Kulturbereich
Im Kulturbereich ist Audismus zum Beispiel daran zu erkennen, dass es in der Mainstream-Kultur sehr wenig Angebote in Gebärdensprache gibt. Es gilt derzeit als gutes Beispiel, wenn Veranstaltungen wie Theaterstücke oder Podiumsdiskussionen in Gebärdensprache übersetzt werden. Eine Gleichbehandlung würde jedoch bedeuten, dass in allen Kulturinstitutionen auch Veranstaltungen in Gebärdensprache stattfinden, die dann in Lautsprache übersetzt werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür wäre, dass Taube oder schwerhörige Menschen selbstverständlich im Kulturbetrieb arbeiten können, weil genug hörende Kulturpraktiker*innen auch Gebärdensprache verwenden und offen für eine Zusammenarbeit mit tauben Menschen sind.
Davon ist die Kulturszene derzeit leider sehr weit entfernt. Taube Menschen organisieren daher größtenteils ihre eigenen Events, wie etwa die „Deutschen Kulturtage der Gehörlosen“, Gehörlosen-Sport-Meisterschaften oder das „ViFest“, ein Festival für Gebärdensprachler*innen. Ein Community-übergreifendes Projekt ist die Gruppe „Shut Up“ and „Sign_Speak“, die eine gemeinsame Show hörender und tauber Spoken Word Künstler*innen kollektiv erarbeitet hat. Die Inititative „Deaf Performance Now“ kritisiert den aktuellen Trend, Musikveranstaltungen zu verdolmetschen, ohne taube Dolmetscher*innen und/oder taube Künstler*innen in die Programmgestaltung einzubinden, und fordert mehr Bühnenpräsenz für taube Kunstschaffende bei Musikveranstaltungen.
https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/audismus
Zu yomma.de | Zu Deafhistorynow | Zur Encyclopaedia Brittanica
Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Silvia Gegenfurtner entstanden. Silvia Gegenfurtners Etiketten: taub, weiß, queer und cis. Silvia arbeitet im Kinder- und Jugendclub der „Sinneswandel gGmbH“. Außerdem beschäftigt Silvia sich mit gesellschaftlicher Diskriminierung, Macht, Privilegien usw. Daraus kreiert sie Workshops über Audismus, hörende Privilegien und unterrichtet Deaf History, damit der hörende Mainstream hoffentlich irgendwann audismuskritisch tickt.
Ausland:
https://www.hollywoodreporter.com/movies/movie-features/coda-film-representation-1234991797/
https://www.sueddeutsche.de/kultur/marlee-matlin-portraet-coda-1.5380147
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Diese Sammlung versteht sich als work in progress und erscheint in unser Rubrik:
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