Steckbrief Irene Heyroth
Irene Heyroth stieg 1999, nachdem sie einen kaufmännischen Beruf erlernt hatte, in einem Steuerbüro tätig war und Wirtschaftsrecht studiert hatte, in die von Jacqueline Rietz 1996 gegründete Agentur-Phantasios ein. Diese wurde umbenannt und erweitert zur Casting-Agentur Heyroth & Rietz. Irene Heyroth betreut dabei vorrangig den Agenturbereich und das Controlling, während Jacqueline Rietz das Casting verantwortet. Seit seiner Gründung ist sie die 1. Vorsitzende des Verbandes der deutschen Agenturen zur Vermittlung von Nachwuchsschauspielern im Bereich Film und Fernsehen e.V. (VdNA).
Wie kam es zur Gründung des VdNA?
Meine Partnerin Jacqueline Rietz sowie Christiane Dreikauss aus Hamburg und ich haben uns zusammengesetzt. Wir waren der Meinung, dass eine Zusammenarbeit der Agenturen im Nachwuchsbereich notwendig ist, um unsere Position als Agenturen für unsere jungen Schauspieler zu stärken. Darauf aufbauend haben wir unsere Kollegen angesprochen um zu sehen, ob auch von ihrer Seite ein Interesse vorhanden ist. Die Resonanz war groß und mit Hilfe eines Medienanwalts entwickelten wir die Satzung. Auf dieser Grundlage kamen dann am 29. März dieses Jahres die Agenturen zusammen.
Wer sind die Gründungsmitglieder des Verbandes?
Die Gründungsmitglieder sind - neben uns (Casting-Agenutur Heyroth & Rietz) und Christiane Dreikauss' New Talent Nachwuchsdarstelleragentur - Achim Gebauer (Agentur Tomorrow), Andi Slawinski (Die Neanderstrasse), Birgit Abraham (Agentur TASK), Judith Rossek-Gastmann (actorkids & more), Laura Schneider (KIDS & STARS), Maria Schwarz (Agentur Schwarz), Silvana Liebich (Next Generation) und Susanne Schubert (Agentur Schubert).
Welche Kriterien muss eine Agentur erfüllen, um in den Verband aufgenommen zu werden?
Da gibt es ganz konkrete Aufnahmekriterien. Man muss mindestens 24 Monate seine Agentur betreiben und zwar mit dem Schwerpunkt auf die Vermittlung von Nachwuchsschauspielern im Bereich Film- und Fernsehen. Dann sollte man mindestens 8, jedoch nicht mehr als 450 Schauspieler und Darsteller vertreten. Zur öffentlichen Präsentation muss die Agentur entweder Kataloge drucken oder über eine branchenübliche Internetpräsenz verfügen. Außerdem sollten die Einnahmen der Agenturen zu 75% aus der Vermittlungstätigkeit bestehen - wobei hier die Gründungsmitglieder ausgenommen sind, da ja zum Beispiel Maria Schwarz und wir selbst zusätzlich noch casten oder Silvana Liebich und Achim Gebauer eine Schauspielschule betreiben.
Worin seht ihr Eure Aufgaben als Verband?
Im Wesentlichen geht es uns um die Stärkung der Rechte der Darsteller gegenüber den Produktionen, ganz konkret auf die Arbeitszeitenregelungen der Kinder- und Jugendlichen bezogen. Dann geht es uns aber auch um die Anerkennung unserer Arbeit und dass wir in der Öffentlichkeit Vorurteile ausräumen. Es gibt dieses Klischee, dass wir nur Hausmütterchen sind, die ihre Kinder an den Mann bringen wollen. Wir werden noch oft belächelt und dann heißt es: „Kinder vermitteln? Das kann doch jeder machen". Davon wollen wir uns distanzieren und möchten auch erklären, was unsere Arbeit bedeutet und somit professionelle Arbeitsnormen etablieren. Letztendlich soll ein Netzwerk geschaffen werden, das uns allen zugute kommt - sowohl den Kindern und Jugendlichen als auch den Castern, Produktionen und Agenturen.
Welche Probleme gilt es zu lösen?
Im Mittelpunkt steht natürlich der Jugendarbeitsschutzbereich. Die Einhaltung der Arbeitszeiten der Kinder- und Jugendlichen am Set ist uns wichtig, ebenso, dass Kinder nicht zu völligen Dumpingpreisen arbeiten müssen. Hier sind wir für eine Mindestgage von 250 € pro Drehtag, die durchgesetzt werden muss. Die meisten Produktionen hätten damit auch gar kein Problem, doch in letzter Zeit kommt es wieder häufiger zu Anfragen, dass Kinder für 75 € am Tag arbeiten sollen - und wir sprechen hier nicht von Low-Budget-Projekten. Solche Summen sind natürlich einfach nicht gerechtfertigt. Die Gage vergütet ja auch nicht nur die Arbeit des Kindes sondern auch den Aufwand der Eltern, die sich zum Teil sogar um die An- und Abreise zum Set kümmern müssen. Auch Kinder sind ein wichtiger Teil eines Films, das müssen auch Produktionsleitung und Produzenten wahrnehmen.
Ihr konntet ja Jürgen Vogel und Matthias Glasner als Paten für den VdNA gewinnen - welche Funktion erfüllen sie?
Das sind repräsentative Aufgaben, die die beiden wahrnehmen. Wir sind natürlich ein sehr kleiner und neuer Verband und auch noch ein wenig unerfahren in der Lobbyarbeit. Da ist es natürlich wichtig, dass Jürgen Vogel und Matthias Glasner uns einfach ein wenig unterstützen und uns ins Gespräch bringen. Das ist eine sehr wichtige Funktion für uns.
Wie eng ist die Zusammenarbeit mit anderen Schauspieleragenturverbänden oder auch dem Bundesverband Casting?
Da wir ja noch sehr jung sind, steht das gerade in den Anfängen. Wir haben Kontakt zum VdA aufgenommen und es gab auch schon ein Treffen mit dem Vorstandsmitglied Dirk Fehrecke, um gemeinsame Punkte, die wir miteinander verfolgen können, zu besprechen. Ich denke da zum Beispiel an den Sozialversicherungsbereich, der auch einen Teil unserer Schauspieler betrifft. In den Punkten, in denen wir gemeinsame Ziele verfolgen, ist es sicher sinnvoll, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Auch mit dem Bundesverband Casting haben wir Kontakt aufgenommen. Wir haben einen Brief geschrieben, in dem wir aufgezeigt haben, dass uns die Zusammenarbeit mit dem Verband sehr wichtig ist. So wünschen wir uns zum Beispiel, dass Casting-Anfragen in einem gewissen Standard an uns gestellt werden, ähnlich wie bei den Erwachsenen. Es sollte selbstverständlich sein, dass man eine Synopsis oder eine konkrete Rollenbeschreibung bekommt, damit man auch gezielt Schauspieler vorschlagen kann. Das erleichtert nicht nur unsere sondern auch die Arbeit der Casting Directors. Und wenn dann Schauspieler unter den letzten Casting-Kandidaten sind, sollte es auch selbstverständlich sein, dass wir ein Drehbuch bekommen. Wir wollen ja in der Filmbranche eigentlich alle zusammenarbeiten und nicht gegeneinander. Da muss man allen, nicht nur sich selbst, sondern eben allen, Erleichterungen schaffen - dann macht es auch noch mehr Spaß.
Wie sieht der Alltag in einer Nachwuchsagentur aus?
Wir bekommen viele Bewerbungen, etwa fünf bis zehn pro Tag. Um das zu bewältigen, treffen wir eine Vorauswahl und laden einmal wöchentlich zu einem Vorstellungscasting ein. Wir nehmen uns dann Zeit für die Kinder, schauen, wie sie vor der Kamera wirken und ob Talent vorhanden ist. Nicht jedes Kind, das sich bewirbt, können wir in die Agentur aufnehmen, da muss man dann auch ehrlich sein. Dazu kommen natürlich die Anfragen der Produktionen, bei denen wir versuchen, auch wirklich sinnvolle Vorschläge zu machen - welches Kind wäre für die Rolle geeignet, welches steht zeitlich zur Verfügung oder wer hat schon die Grenze an Drehtagen erreicht. Je nach Bundesland dürfen Kinder eben nur 30 bis 40 Drehtage im Jahr arbeiten. Das alles gilt es abzuwägen.
Worin bestehen die Unterschiede zu einer Agentur für Erwachsene?
Da ist natürlich das Material ein großes Thema. Ich habe von einer Agentin gehört, die sagte: „Meine 50-jährige, sehr renommierte Schauspielerin, die muss sich nicht mehr mit einem Demoband präsentieren. Wer die nicht kennt, dem ist auch nicht mehr zu helfen." (lacht) Bei den Kindern und auch bei den Jugendlichen ist das natürlich nicht so, die verändern sich extrem schnell, manche sogar stündlich (lacht). Wir müssen hier wirklich halbjährlich neues Foto- und Videomaterial erstellen. Während bei den Erwachsenen der Schauspieler im Normalfall selbst für seine Präsentation verantwortlich ist, übernehmen das im Kinderbereich die Agenturen. Viele Kinder haben eben noch nicht in einem Film mitgewirkt, also müssen wir Szenen erstellen und vervielfältigen. Das geht zu Lasten der Agenturen. Zwar könnte man auch sagen, das wären Werbungskosten und die Eltern bitten, diese mitzutragen, doch bei den meisten Nachwuchsagenturen wird das auf diese Art gehandhabt. Dann ist natürlich ein wichtiger Teil unserer Arbeit, Talente zu finden.
Warum ist es durchaus legitim, wenn man im Nachwuchsbereich gleichzeitig als Agent und Casting Director tätig ist?
Es ist einfach so, dass man sehr schnell an seine finanziellen Grenzen gelangt, wenn man als Agent ausschließlich für denn Nachwuchs tätig ist. Man könnte natürlich auch allein als Agent gut davon leben, wenn man Provisionen über dem branchenüblichen Standard oder über den zulässigen Möglichkeiten von den Schauspielern nimmt. Aber möchte man seriös arbeiten, muss man sich in den meisten Fällen noch ein weiteres Beschäftigungsfeld suchen. Mancher führt dann noch eine Schauspielschule. Wir haben als zweites Standbein noch das Casting im Nachwuchsbereich. Natürlich ist man als Casting Director der Produktion verpflichtet und muss die für das Projekt am besten geeigneten Kinder finden. Das erfordert eine sehr starke und sehr hohe Selbstregulierung. Wir haben uns hier zum Beispiel für eine personelle Trennung entschieden. Ich betreue den Agenturbereich und Jacqueline Rietz führt die Castings durch. Ähnlich ist das auch bei Familie Dreikauss, bei der Patrick Dreikauss das Casting allein verantwortet. Aber natürlich ist man da auch in einem Konflikt.
Worauf müssen Kinder und Jugendliche bzw. deren Eltern bei der Wahl einer Agentur achten?
Ganz wichtig ist, dass man miteinander arbeiten kann und möchte, dass auch ein persönliches Vertrauen vorhanden ist. Deshalb ist ein persönliches Gespräch sehr wichtig. Es gibt mittlerweile Agenturen, gerade auch im Internet, bei denen man sich bewerben kann und dann ist man gegen eine Gebühr aufgenommen und muss am Ende auch noch hohe Vermittlungsgebühren zahlen. Ich habe vor Kurzem erst von einer Mutter erfahren, dass solch eine Agentur 450 € Aufnahmegebühr haben wollte. Bei einer seriösen Agentur sollte es solche Gebühren nicht geben. Weiterhin ist es wichtig, gerade bei Jugendlichen und jungen Schauspielern bis Mitte 20, dass man gemeinsam das gleiche Ziel verfolgt. Eltern sollten auch auf die Referenzen einer Agentur achten. Wenn man sein Kind als Schauspieler sieht, sollte man schauen, ob die von der Agentur vertretenen Schauspieler auch in bekannten Filmen und Rollen mitgewirkt haben.
Woran erkennt man unseriös arbeitende Agenturen?
Ein Thema sind da natürlich diese Hotelcastings. Wenn man als Talentsucher in eine Stadt fährt und ein Hotel mietet, dann sind das Kosten, die man auf sich nehmen muss - die kann man nicht auf die Kinder und deren Eltern abwälzen. Auch Aufnahmegebühren finde ich unseriös, wenn diese sofort bezahlt werden müssen. Am Anfang sollte immer ein persönliches Gespräch zum Kennenlernen stehen. Die Eltern brauchen auch eine gewisse Zeit, sich den Vertrag in Ruhe durchzulesen und dann eine Entscheidung zu treffen. Aber wenn man merkt, dass das ganze wie ein Haustürgeschäft abläuft, bei dem man sich sofort entscheiden muss, egal ob man unsicher ist oder nicht - das halte ich für bedenklich. Wenn nach der Aufnahme für die Erstellung von Foto- oder Videomaterial eine Gebühr genommen wird, ist das in gewissem Maße gerechtfertigt, weil da eine Dienstleistung dahintersteht. Eine weitere Sache ist die Präsentation nach außen, wenn es so aussieht, als wären Hauptrollen besetzt worden und tatsächlich waren die Kinder als Komparsen tätig. Zum Beispiel gab es einen Fall, da stand auf der Website oder in einer Anzeigenwerbung: „Gedreht haben die Kinder z. B. schon mit Katja Flint, Kai Wiesinger, Natalia Wörner ... u. a. prominente Namen!" - aber in welchem Zusammenhang? Also wenn das Kind da einmal durchs Bild gelaufen ist, dann haben die nicht „zusammengearbeitet". Dann ist das wirklich Etikettenschwindel und darauf sollte man achten. Da wird versucht, die Unerfahrenheit der Eltern auszunutzen. Inzwischen gibt es ja auf der VdNA-Website Kriterien für eine seriöse Agenturarbeit, dort können sich Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern informieren. Natürlich mache ich damit jetzt Werbung für die Verbandsmitglieder, das ist ja ganz klar (lacht). Aber selbstverständlich gibt es auch noch einige Agenturen, die noch nicht im Verband sind oder nicht in den Verband wollen, die auch seriös arbeiten.
Was könnte man Jungschauspielern raten, die noch nicht in einer Agentur sind?
Nun, da gibt es ja diese Casting-Portale im Internet, die finde ich zum Reinschnuppern und Festigen seiner Meinung gar nicht schlecht. Aber als junger Schauspieler muss man sich dann auch die Frage stellen: Will ich das wirklich zu meinem Beruf machen? Und dann kann ich nur empfehlen, sich eine Agentur zu suchen oder sich auf einer Schauspielschule zu bewerben. Wenn man aber Schauspielen nur als Hobby sieht, dann eignen sich solche Casting-Portale durchaus, um Rollen als Komparse oder Kleindarsteller zu bekommen.
Was liebst du an deinem Beruf? Oder könntest du dir vorstellen, irgendwann noch einmal etwas anderes zu machen?
Nein, ich kann mir für mich keinen anderen Beruf mehr vorstellen. Gerade Kinder und junge Künstler zu entdecken, mit ihnen zu arbeiten und ihre Entwicklung zu verfolgen und zu unterstützen - das macht mir unheimlich viel Spaß. Zum Beispiel ein Tom Schilling, den wir zuerst vertreten hatten, oder ein Matthias Schweighöfer, der von Jacqueline Rietz in seiner ersten großen Rolle 1997 in Günther Meyers „Spuk aus der Gruft" besetzt wurde, denen bei ihrer Entwicklung zu helfen und zu sehen, wo sie jetzt stehen, ist einfach wunderbar. Leider ist es oft so, dass Nachwuchsschauspieler irgendwann die Agentur verlassen. Dabei sind sie gar nicht unzufrieden mit unserer Arbeit sondern sehen das eher als einen Schritt in die Selbstständigkeit. Aber zum Beispiel Max Riemelt vertreten wir seit er zwölf ist und er ist noch immer bei uns. Und da ist es einfach wunderschön all die Hochs und Tiefs und dann wieder die Hochs mitzuerleben. Oder man hat einen 18jährigen vor sich sitzen, der sagt: „ Ich will jetzt eigentlich die Schule schmeißen und mache gar nichts mehr" und man redet dann mit ihm und rät ihm, wenigstens sein Abitur zu Ende zu machen. Drei Tage später ruft dann die Mutter an und bedankt sich persönlich. Das ist einfach schön, das sind die Kleinigkeiten, die großen Spaß machen. So ist das wirklich: Nachwuchsförderung macht Spaß. Talente zu entdecken und mit Kindern zu arbeiten ist eine große Freude. Wir haben auch im Vergleich zu Lehrern den Vorteil, dass die Kinder zu uns kommen und Schauspielen wollen. Nur in den seltensten Fällen ist es so, dass die Eltern das mehr wollen als die Kinder. Deshalb sind sie auch bereit mitzuarbeiten - und das ist wunderschön.
Weitere Informationen zum VdNA finden Sie auf der Website des Verbandes: www.vdna-film.de
Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der unter der Rubrik: Über uns.
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