Der Schauspieler Albrecht Schuch tanzt auf allen Hochzeiten: Er schafft es, die unterschiedlichsten Charaktere glaubhaft zu verkörpern und erfindet sich dabei immer wieder neu. Er wurde 1985 in Jena geboren und besuchte von 2006 bis 2010 die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Obwohl sein Herz fürs Theater schlug, wurde er schon bald für deutsche TV- und Kinoproduktionen besetzt. Ob in historischen Filmen wie „Paula“ und „Die Vermessung der Welt“, in Produktionen mit aktuellen Inhalten wie „Bad Banks“, „Systemsprenger“ oder „Berlin Alexanderplatz“ – er beherrscht alle Rollen. Von seinen Schauspielfähigkeiten zeugen auch zahlreiche Auszeichnungen in den Jahren 2009 bis 2020. Dieses Jahr wurde er von der European Film Promotion zum „Shooting Star“ aus Deutschland gekürt. Normalerweise erfolgen die damit verbundenen Events im Rahmen der Berlinale. Corona-bedingt wurde mit der Aktion „Home of Acting Talent“ alles in den virtuellen Raum verlegt und fand vom 23. bis 25. Februar im Vorfeld des Berlinale Industry Events statt. Albrecht Schuch verriet Gabi Rudolph vom FastForward Magazine und Tina Thiele von casting-network im Gespräch via Zoom, wie er Vielfalt in seine Rollen bringt und welche Bedeutung die Arbeit mit Coaches und das Tanzen für ihn haben.
Jetzt erzähl erst mal:
Wie geht’s Dir? In dieser verrückten Situation – alles ist anders, alles ist remote, auch die Berlinale. Das muss sich doch seltsam anfühlen, oder?
Wir haben das große Glück, dass viele Produktionen Corona-sicher stattfinden können, deswegen kann ich mich eigentlich nicht beschweren. Aber natürlich ist es so wie auch im privaten Bereich: Wo man sich gerade nicht sehen kann, wo man sich vermisst und wo man sich lieber direkt treffen würde. Die Berlinale ist da keine Ausnahme. Auch hier würde ich natürlich viel lieber Zeit mit meinen Kolleg*innen verbringen und diese Klassenfahrtsituation, die bei der Berlinale manchmal aufkommt, genießen. Tatsächlich wäre ich dazu gerade aber auch gar nicht in der Lage, weil ich arbeite und in Prag bin.
Dann ist das für Dich ja gerade fast ein Vorteil?
Den Gedanken, als Einziger nicht vor Ort und nur über Videoschalte dabei zu sein, fand ich natürlich nicht besonders schön. Von daher war eine virtuelle Berlinale schon von Vorteil für mich. Es war toll, dass man uns trotz Corona virtuell zusammenbringen konnte. Allerdings freue ich mich sehr auf den Sommer, wenn wir uns dann hoffentlich live bei der Berlinale begegnen können.
Bild aus: „Paula“ | Bild aus: „Die Vermessung der Welt“ |
Wir haben gelesen, dass Du Deine Rollen über das Tanzen erarbeitest.
Wie stellst Du die Verbindung zwischen Kopf und Körper her?
Das ist richtig. Ich brauche immer auch etwas Ganzheitliches. Die Vorbereitung für Rollen läuft ja stets über Recherche, Bücher lesen, Filme gucken, Menschen treffen. Das alles findet oft, oder zumindest zu einem sehr großen Teil, in unseren Köpfen statt. Ich bin aber in meiner Natur und in meinem Verständnis als Schauspieler einfach anders. Tanzen hilft mir extrem, eine gewisse Selbstverständlichkeit, mein Unterbewusstsein und natürlich den ganzen Körper anzuwerfen. Tanz war für mich immer schon faszinierend, vor allem Konzept-Tanz bzw. Contemporary, wie Falk Richter beispielsweise. Das waren für mich immer ganz tolle Choreografien. Damals am Gorki Theater haben wir ein Stück gespielt, das von einem Tänzer mitentwickelt wurde. Er hat eher performative Akzente gesetzt, als etwas klassisches Tänzerisches hinzuzufügen. Körperbewegungen haben ja nicht immer was mit dem Kopf zu tun. Ein bewusster Umgang mit der allgegenwärtigen Kopflastigkeit und das Ausbrechen daraus bringt vor allem mir etwas, aber eben auch für meine Rollen.
Wozu tanzt denn Albrecht Schuch im Moment? Auch gerne zu Hause in den eigenen vier Wänden?
Ich höre gerade sehr gerne einen französischen Radiosender ohne Werbung. Der schafft immer ganz unterschiedliche und teilweise auch echt abgefahrene Übergänge: von Miles Davis über Chopin und endet dann bei Iggy Pop. So richtig getanzt habe ich aber hier in Prag vor zwei Tagen zu Hip-Hop – ich liebe Hip-Hop! Vor allem älteren Hip-Hop mag ich sehr, sehr gerne.
Bild aus: „Systemsprenger“ | Bild aus: „Bad Banks“ |
Arbeitest Du auch mit Coaches zusammen?
Ich habe schon mit verschiedenen Coaches gearbeitet. Für „Berlin Alexanderplatz“ zum Beispiel mit Frank Betzelt. Da war mir wichtig, jemanden zu haben, der gute Fragen stellt und mich festnagelt. Ich habe ihn ganz bewusst erst am Ende meiner Vorbereitung konsultiert, um in die psychologische Seite dieses Charakters einzutauchen – für so ein Zwiegespräch: „Wie geht es dir, wie geht es dem Charakter? Woher kommt das, warum ist das so?“ Das hat auch was mit Insistieren zu tun und bekommt etwas Mantra-mäßiges. Und manchmal haut man dabei vermeintlich banale Ideen raus, die einem vielleicht erst einmal schlecht vorkommen, aber letztendlich einen wahren Kern in sich tragen. Gelegentlich denkt man auch: „Oh das hört sich nicht gut an, das ist nicht klug oder intelligent genug formuliert.“ Ein Zwiegespräch mit einem Coach hilft dann, der Gefahr, dass sich alles erst mal „teuer“ anhören muss, nicht zu erliegen. Denn es muss ja Sinn machen, emotional Sinn machen, und sich nicht in erster Linie toll anhören.
Suchst Du Dir für unterschiedliche Projekte Coaches mit verschiedenen Herangehensweisen?
Für die „Schachnovelle“ habe ich mit Dominique Chiout von der „Tankstelle“ zusammengearbeitet: Da ging es auch viel um Tanz und Bewegung. Einiges darf ich dazu noch nicht erzählen, aber ihr werdet ja sehen, was es wird. Auf jeden Fall freue ich mich über den Charakter, der eine ganz andere Körperlichkeit hat. Wir haben dafür vieles von der Tschechow-Methode ausprobiert: Wo ist das Zentrum des Charakters? Ist es im Bauch, der Brust, dem Herz? Wo geht die Energie zuerst raus, womit guckt der? Dominique und ich sind auf ein Loch im Kopf gekommen, weil ich irgendwie eine Assoziation von Brot hatte, und sie kam auf Loch im Kopf ... (lacht). Dann habe ich auch noch mit Kristiane Kupfer zusammengearbeitet. Anna Maria Mühe hat sie mir damals empfohlen, als wir für „Mitten in Deutschland: NSU – Die Täter: Heute ist nicht alle Tage“ zusammengearbeitet haben. Alle Coaches sind ganz unterschiedlich, und das ist gerade spannend!
Wie wichtig ist Weiterbildung für Dich?
Ich finde es total wichtig, sich weiterzubilden! Meine Mutter ist Ärztin und fährt einmal im Monat für zwei Tage auf eine Fortbildung – das ist völlig normal. So eine Normalität sehe ich bei Schauspieler*innen leider überhaupt nicht. Manchmal hat man sogar das Gefühl, dass Leute sich schämen, überhaupt darüber zu sprechen. Das muss ganz schnell aufhören. Weil die Inspiration von anderen unschlagbar ist!
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Deiner Agentin Andrea Lambsdorff?
Ich war ein junger Schauspielschüler mit der Einstellung „Shakespeare und alle anderen großen Dichter sind das einzig Wahre. Fernsehen interessiert mich nicht die Bohne“. Meine Schwester hat mir geraten, von meinem hohen Ross runterzukommen. Ich habe den Rat beherzigt und die ersten kleinen Sachen fürs Fernsehen gemacht. Dann folgte ein Drehtag in „Lila, lila“ mit Daniel Brühl und Hannah Herzsprung von Alain Gsponer. Andrea Lambsdorff hat mich über mehrere Jahre beobachtet, bevor wir uns persönlich getroffen haben. Ich war natürlich total aufgeregt, und dann ging’s los ...
Bild aus: „Berlin Alexanderplatz“ | Bild aus: „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ |
In „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ von Dominik Graf spielst Du „Labude“, einen Doktoranden, hin- und hergerissen zwischen politischem, eher linkem Engagement und den Verlockungen des Vermögens seiner Familie. Wozu würde „Labude“ 2021 in Berlin tanzen?
Ich glaube, er könnte sich nicht entscheiden, auf welche Party er gehen soll (lacht). Es hat sehr viel mit seinen Möglichkeiten und diesen zwei Lebenskonzepten zu tun: Das eine kann er nicht leben, traut sich nicht – das andere will er nicht leben, weil es vorgefertigt ist und irgendwie nur den Vorstellungen seines Vaters entspricht. Er wählt irgendwann den dritten Weg, nämlich die Flucht. „Labude“ tanzt auch, aber das ist ja eigentlich ein Tanz, um zu vergessen oder um Stimmen, seine eigenen Stimmen, nicht mehr hörbar zu machen. Das ist eher eine Übertünchung mit anderen Farben. Um auf Eure Frage zurückzukommen, ich weiß nicht, wozu er tanzen würde, aber tanzen kann er.
„Fabian“ lief ja auf der Berlinale. Auf welche neuen Projekte mit Dir dürfen wir uns denn noch freuen?
Da wäre die schon angesprochene „Schachnovelle“ von Philipp Stölz, die im September in die Kinos kommt. Außerdem spiele ich noch den jungen Brasch in „Lieber Thomas“ von Andreas Kleinert. Und in der Serie „Paradiso“ von David Dietl und Barbara Albert, die auf Sky laufen wird, bin ich als Journalist „Daniel Mandelkern“ zu sehen.
Vielen lieben Dank für das Interview!
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Castings: „Paula“ Anja Dihrberg-Siebler (ICDN), France: Monya Galbi | „Die Vermessung der Welt“ Simone Bär (ICDN | CSA), Hauptrolle „Humboldt“: Emrah Ertem | „Bad Banks“ Anja Dihrberg-Siebler, Lisa Stutzky, Luxembourg: Véronique Fauconnet „Systemsprenger“ Lisa Stutzky, Juliane Voigtländer, Doris Borkmann, Kinderensemble, inklusive der Hauptrolle „Benny“: Jacqueline Rietz | „Berlin Alexanderplatz“ Suse Marquardt (ICDN), Alexandra Koknat | „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ An Dorthe Braker (BVC) | „Schachnovelle“ noch nicht öffentlich | „NSU – Die Täter Heute ist nicht alle Tage“ Anja Dihrberg-Siebler (ICDN) | „Lila, lila“ Simone Bär (ICDN | CSA) | „Lieber Thomas“ Karen Wendland, Kinder: Jacqueline Rietz | „Paradiso“ Anja Dihrberg-Siebler (ICDN), Kinder & Jugendliche: Jacqueline Rietz
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