Bernhard Hoestermann- Steckbrief
Aufgewachsen in Essen im Ruhrpott, gründete Bernhard Hoestermann seine Agentur 1990 direkt nach dem Mauerfall in Ost-Berlin, hervorgegangen aus einem Künstlersekretariat. Heute ist die Agentur in Westberlin ansässig. Seit 2003 heißt die Agentur hoestermann - Agentur für Schauspieler. Bernhard Hoestermann ist Gründungsmitglied des Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e.V. (VdA) und seit 2006 erneut ihr Vorstandsvorsitzender.
Seit wann sind Sie Vorsitzender des Verbands der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater (VdA)?
Ich war gleich zu Beginn 5 Jahre lang Gründungsvorsitzender des des Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e.V. (VdA). Dann gab es eine Phase von 3 Jahren, in denen ich nicht im Vorstand war und vor zwei Jahren bin ich dann wieder zum Vorstand gewählt worden. Ich bin also im siebenten Jahr als Vorsitzender tätig.
Wie viel Zeit nimmt das in Anspruch, um sich mal den Aufgabenbereich vorzustellen?
Der Aufwand kommt in Wellen. Der VdA trifft sich zwei Mal im Jahr zur Mitgliederversammlung, das muss vorbereitet und strukturiert werden. Diese Treffen sind häufig gekoppelt an Großveranstaltungen wie die Berlinale oder das Filmfest München. Auch abseits von diesen Treffen gibt es natürlich wie bei jedem ehrenamtlichen Engagement einiges zu tun.
Wie kam es zur Gründung des VdA vor zehn Jahren?
Es gab ja damals bereits den Verband Deutscher Schauspieleragenturen. In Abgrenzung zu dessen Aufnahmepraxis, haben wir sehr bewusst einen objektiven Kriterienkatalog entwickelt, um jedem seriös tätigen Agenten, die Möglichkeit zu geben, seine Interessen in einem Berufsverband auf übergeordneter Ebene zu verfolgen und vertreten zu wissen. Wir waren damals 16 Gründungsmitglieder. Heute hat der Verband 40 Mitglieder.
Welche Kriterien muss eine Agentur erfüllen, um in den Verband aufgenommen zu werden?
Der Agent muss mindestens ein Jahr hauptberuflich als Agent im Markt tätig sein. Er muss mindestens acht Künstler fortlaufend vertreten und eine branchenöffentliche Klientenpräsentation vorweisen können. Wir haben das extra so weit formuliert, um uns nicht auf ein Medium festzulegen. Damit kann sowohl ein Internetauftritt als auch ein gedruckter Agenturkatalog gemeint sein. Außerdem gibt es zwei Ausschlusskriterien. Mitglied im Verband der Agenturen kann nicht sein, wer neben seiner Agententätigkeit auch Casting im Auftrag eines Produzenten macht und dafür bezahlt wird. Ebenfalls nicht Mitglied im VdA kann sein, wer parallel dazu auch als Produzent tätig ist.
War nicht Frau Holter von Players mal an Produktionen beteiligt?
Mitglied im VdA kann ja einerseits eine natürliche Person, also ein Agent, oder eine juristische Person, zum Beispiel die Players GmbH sein. Players hat neben dem Players Management, in dem Mechthild Holter mit ihren Mitarbeitern Schauspieler, Regisseure und Autoren betreut, auch eine parallele Firma gegründet, die von Béla Jarzyk geführt wurde und die Players Independent heißt. Aber da Mechthild Holter nicht als wirtschaftlich agierende Produzentin aufgetreten ist, sehen wir darin keinen Konflikt. Die Abgrenzung zu den Produzenten ist zwar sinnvoll, spielt in der Alltagspraxis aber keine Rolle. Die Abgrenzung zu den Casting Directors ist sehr wohl von Bedeutung, weil es einige Agenten gibt, die aus dem Casting hervorgegangen sind und in der Übergangsphase noch Casting machen und es auch Agenturen gibt, die von ihrem Grundsetting her beides machen. Das führt nach unserem Verständnis dieser beiden Berufe zu einem Interessenkonflikt, wenn ein Casting Director gleichzeitig Agenturvertretung macht, da er einerseits parteiisch für seine Schauspieler, aber andererseits auch parteiisch für den Produzenten sein müsste. Der VdA bedauert durchaus, dass über dieses Ausschlusskriterium die hervorragend, professionell und seriös arbeitenden Agenturen, die Kinder- und Jugendcasting machen - Maria Schwarz und Jacqueline Rietz um nur zwei zu nennen - damit prinzipiell ausschließt. Wir schätzen die Arbeit der Kolleginnen sehr und haben auch Verständnis, dass in diesem Bereich die wirtschaftliche Situation es nötig macht, beides zu betreiben. Von daher begrüßen wir es sehr, dass es nun auch den Verband Deutscher Nachwuchsagenturen (VdNA) gibt und hoffen auf eine gute und kooperative Zusammenarbeit.
Was waren damals zum Zeitpunkt der Gründung die größten Schwierigkeiten für Agenten und Schauspieler?
Anders als im angelsächsischen Raum war bis 1994 die Agententätigkeit in der deutschen Film-, Fernseh- und Theaterwirklichkeit nicht etabliert. Viele Künstler in unserer Branche waren nicht in Agenturen vertreten. Es gab das Monopol der Bundesanstalt für Arbeit auf Arbeitsvermittlung und nur eine begrenzte Zulassung privater Agenturen. Die Gründung des VdA 1998 hatte zum Ziel, das Ansehen und den Stand der neuen Privatagenten in der Branche zu verbessern und einen Qualitätsstandard zu setzen nachdem man beurteilen kann, ob Agenturen gut und seriös arbeiten. Wir Agenten einer neuen Generation sahen uns auch in der Pflicht, die übergeordnete Interessenvertretung unserer Künstler zu übernehmen, die zu dieser Zeit keine Gewerkschaft und keinen Verband hatten. In der Diskussion um das Urheberrecht und bei anderen Gesetzesinitiativen, zum Beispiel im Rahmen der sich ständig ändernden und für die Künstler mit ihrem besonderen Arbeitsbild problematischen Sozialversicherungsregelungen und die Fragestellung des Arbeitsstatus als Selbständiger oder Angestellter, haben wir auf Verbandsebene ein Sprachrohr und eine Plattform geschaffen.
Was sind heute die Themen, die den VdA beschäftigen?
Ein Themenbereich sind aktuelle Entwicklungen in der Branche, zu denen wir eine Position entwickeln und diese dann öffentlich vertreten. Ein zweiter Schwerpunkt ist natürlich die konkrete Arbeit des Agenten - was können wir tun um die Arbeitsstrukturen zu verbessern? Dann gibt es den großen Komplex wie man weiterhin mit diesen sich ständig verändernden und immer komplizierter werdenden Sozialversicherungen und arbeitsrechtlichen Regelungen für die Künstler in der Branche umgehen soll. Wir müssen da immer kompetent und auf dem neuesten Stand sein, das muss ein Verband für alle Mitglieder leisten.
Wie wichtig ist das Verhältnis von einem Schauspieler zu seinem Agenten?
Ganz persönlich würde ich sagen, dass sollte ein sehr weitgehendes gegenseitiges Vertrauensverhältnis sein, in dem bei aller zu findenden Strategie, die die beiden absprechen müssen, am Ende die Zusammenarbeit in die gleiche Richtung gehen muss. Außerdem sollte der Schauspieler in das Profil der Agentur passen. Das soll heißen, dass ich nicht glaube, dass jeder Schauspieler in jeder Agentur richtig ist, sondern dass es da neben den gemeinsamen Interessen auch ein gleichgerichtetes Arbeits- und Kunstverständnis zwischen Künstlern und Agenten geben muss.
Haben Agenten und Schauspieler mit den gleichen Problemen in der Branche zu kämpfen, oder gibt es agentenspezifische Probleme?
Der Agent vertritt ja den Künstler und macht sich dadurch dessen Probleme zu Eigen. Von daher sind die Probleme, die der Künstler in der Branche hat, sei es nun die Qualität der Stoffe oder der Umgang in der Branche sowie arbeitsrechtliche, sozialrechtliche, wirtschaftliche und vertragliche Fragen natürlich gemeinsame Probleme.
Wie steht der VdA zu Buy-Out-Verträgen?
Mit dem Aufkommen der Privatsender hat sich diese Entwicklung, Schauspielerverträge als Buy-Out-Verträge abzuschließen sehr schnell durchgesetzt. Inzwischen gehen auch die öffentlich-rechtlichen Sender immer mehr diesen Weg. Natürlich sind wir als Agenten mit unseren Vorstellungen des Urheberrechts für unsere Künstler dagegen. Wir halten Buy-Out-Verträge für falsch und sind der Ansicht, dass auch die ausübenden Künstler am Erfolg und damit auch am Misserfolg von Produktionen beteiligt sein sollten. Deswegen halten wir Wiederholungshonorare und Beteiligungen an der Auswertung für richtig und sinnvoll.
Wie beurteilen Sie die heutige Produktionslandschaft in Deutschland?
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Entwicklung der letzten 5 Jahre in vieler Hinsicht problematisch ist. Erstens führt die Knappheit der Mittel zu einer Verrohung der Produktionslandschaft und gleichzeitig auch zu einer Verflachung des allgemeinen Programms. Das Geschäft ist rauer und härter geworden. Im Kinobereich und im Fernsehbereich zeichnet sich gleichermaßen ab, dass sich die Schere zwischen wenigen, teuren, hochkarätig bzw. prominent besetzten Eventformaten einerseits und sehr viel schärfer kalkulierten, industriell hergestellten, seriellen Formaten andererseits immer weiter öffnet. Die Gewichtung zwischen den fiktionalen und nonfiktionalen oder nur pseudofiktionalen Programmen entwickelt sich weg vom anspruchsvollen fiktionalen Programm. Das bedauern wir natürlich und sehen das als schädlich an, weil damit auch eine Qualität verloren geht, die das deutsche Fernsehen hatte. Im Kinobereich stellt es sich so dar, dass einige wenige Renommè-Produktionen mit denen man aussichtsreich Geld zu verdienen hofft und die dem entsprechend besetzt sind, einer Fülle von ganz schlecht finanzierten und nur unter maximaler Selbstausbeutung aller Beteiligter realisierten Arthouse- und Nischenkinoproduktionen gegenüber stehen. Diese Entwicklung ist sicherlich falsch.
Wenn man zurückblickt, was hat der Verband alles in den letzten zehn Jahren erreicht?
Zunächst einmal hat der Verband zur Schärfung des Berufsprofils der Agenten beigetragen und Standards entwickelt, nach denen man die Qualität der Agententätigkeit beschreiben und bewerten kann. Dadurch wurde der Beruf fassbarer, allen voran in Abgrenzung zu den Casting Directors. Wir haben den Mitgliedern eine große Sicherheit damit gegeben, dass wir die Rechtsprechung in Bezug auf das Vertragsverhältnis zwischen Künstlern und Agenten sehr aufmerksam verfolgen. Dieses Vertragsverhältnis ist gesetzlich wenig konkret bestimmt. Der VdA steht hier den Mitgliedern beratend zur Seite. Wir bieten auch an, schlichtend einzugreifen um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Wir veranstalten Fortbildungsseminare, die teilweise auch für Nichtmitglieder offen sind. Außerdem gibt es noch unsere Geschäftsstelle. Unsere Geschäftsführer, Dr. Frank Lansnicker und Dr. Thomas Schwirtzek, sind beide Arbeitsrechtler und stehen bei Fragen beratend zur Seite.
Nach diesem Blick zurück können wir zum Abschluss ja mal einen Blick in die Zukunft werfen.
Ein großes Projekt des VdA ist die Verbesserung der Künstlermaterialien für die verschiedenen Nutzer. Die Tendenz in der Branche geht dahin, im Casting und Besetzungsvorgang immer mehr das Internet zu nutzen. Die Showreels werden inzwischen oft online angeschaut und es sind zahlreiche Datenbanken entstanden. Diese Datenbanken sind ganz prinzipiell auf aktuelles und vollständiges Material der Künstler angewiesen. Dabei erwarten immer mehr Betreiber solcher Datenbanken, dass der Schauspieler oder die Agentur die Daten pflegt, nicht nur auf der Homepage der Agentur, sondern auch in den verschiedenen Datenbanken über Eingabetools im Netz. Um diese Mehrfachpflege zu vermeiden hat der VdA ein Werkzeug, einen Datenpool entwickelt, mit dessen Hilfe sich die Betreiber sämtliche Künstlerdaten des VdA, das sind ca. 1700 Künstler, en bloc, regelmäßig aktualisiert, in die eigenen Datenbanken herunterladen können. Dieses Angebot richtet sich sowohl an Datenbanken im Internet, als auch an firmeninterne, wie zum Beispiel im UFA-Konzern. Die Betreiber müssen sich dazu nur eine Schnittstelle programmieren lassen, die die Daten aus unserer Pool-Datenbank ausliest. Weitere Kosten gibt es nicht, da wir das herunterladen der Daten umsonst anbieten. Wir haben dieses Instrument auf der Berlinale einigen ausgewählten Personen vorgestellt und sind auf sehr positive Resonanz gestoßen. Wir haben uns vorgenommen, zum Filmfest München allen Interessierten die Nutzung dieses Datenpools anbieten zu können. Noch mal zum Verständnis: Wir machen keine zusätzliche Datenbank, in der Produzenten und Caster nach unseren Schauspielern suchen können, sondern wir stellen den verschiedensten Datenbankbetreibern sämtliche Künstlerdaten der VdA-vertretenen Schauspieler und anderen Künstler vollständig und zeitnah aktualisiert zur Verfügung. Natürlich hoffen wir, damit als Verband noch attraktiver für Agenturen zu werden, die bisher nicht Mitglied im VdA sind. Denn eine solch aufwendige Geschichte, die ja programmiert und betreut werden muss, ist selbstverständlich mit hohen Kosten verbunden. So etwas kann nur ein starker Verband leisten. Daher ist es nicht geplant, diesen Service auch für andere Agenturen und einzelne Schauspieler ohne Agenturvertretung zu öffnen.
Glauben Sie, dass dadurch, dass die Suche schneller vonstatten gehen wird, am Ende auch die Kommunikation noch mal stärker wird und das auch wieder mehr Castings angeboten werden?
Natürlich ist das die Hoffnung, die dahinter steht. Wir wollen ja nicht auf dem elektronischen Weg den persönlichen Kontakt zu den Casting Directors, Produzenten und Regisseuren vermeiden. Sondern wir wollen durch die Einsparung dieser ganzen manuellen Dateneingabe Zeit gewinnen, damit wir wieder mehr in die persönlichen Kontakte und persönlichen Gespräche über die Projekte, die Rollen und die zu besetzenden Künstler eintreten können. Wir haben die Hoffnung, dass - wenn die leidige Materialfrage auf Dauer beantwortet ist, wenn dieser ganze Aufwand um die Besorgung und Handhabung aktuellen Schauspielermaterials durch den VdA-Datenpool wegfällt - die freiwerdende Zeit dann genutzt wird für die inhaltliche Auseinandersetzung. Die gehört unserem Verständnis nach auch dazu, einen vernünftigen und inhaltlich anspruchsvollen Besetzungsprozess zu führen.
Vielen Dank für das interessante Interview und noch einmal Herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen Bestehen des VdA.
In den Anhang haben wir noch eine pdf gestellt. Hier antwortet Michael Zirlewagen auf technische Fragen zur geplanten Pool-Datenbank des VdA.
Anhang ansehen / runterladen:
Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der unter der Rubrik: Über uns.
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