Steckbrief Hanna Hansen
Hanna Hansen ist seit 2001 im Casting-Bereich tätig. Ursprünglich aus der Kindercasting-Szene (Tabaluga TV) aus München kommend, zog es die gebürtige Kielerin nach einer Casting-Assistenz 2003 bei Annette Lohmann (ehemals Borgmann) in Berlin zurück nach München. Dort übernahm sie 2005 über und mit Sabine Schroth das gemeinsame Archiv, als Risa Kes verstarb. Seitdem castet Hanna Hansen freiberuflich und eigenständig Projekte im Bereich Kino, TV und Werbung. In der Sektion Perspektive Deutsches Kino wurden 2007 zwei von ihr gecastete Filme auf der Berlinale gezeigt - „Aschermittwoch" und „Blindflug".
Zum wievielten Mal bist du auf der Berlinale?
Dieses Jahr bin ich zum fünften Mal auf der Berlinale.
Und als Casting Director?
Zum vierten Mal.
Was macht ein Casting Director auf der Berlinale?
Allen voran gehen Casting Directors auf die zahlreichen Agenturempfänge. Das heißt, eine einzelne oder mehrere Schauspieleragentur-(en) im Verbund haben ein Lokal oder eine andere Location gemietet. Dorthin laden sie dann ihre Schauspielerklienten, aber auch Casting Directors sowie Regisseure, Produzenten oder Redakteure ein. Am Empfang bekommt man meistens ein Namensschild mit seiner Funktion. Es gibt Getränke, Häppchen und manchmal auch ein Programm. So hat man die Gelegenheit, sich gegenseitig in Natura kennen zu lernen. Speziell am ersten Wochenende rast man bis spät abends von Empfang zu Empfang und ist „non-stop" unterwegs. Zwischendrin hat jeder Casting Director seine einzelnen Produzenten- oder Regisseur-Treffen, um bspw. kommende Projekte zu besprechen. Andere Empfänge, Partys oder Verbandstreffen sind angesetzt. Manche Casting Directors gehen zu Filme, die sie gecastet haben oder schaffen es sogar, intensiv Filme auf Empfehlung zu schauen. Das schaffe ich leider nicht.
Wie wichtig ist das Festival für einen einzelnen Casting Director?
Die Berlinale ist hierzulande wohl das größte „Get-Together" der Branche, um Kontakte zu knüpfen. Die Geballtheit und Vielfältigkeit, die das Festival über 10 Tage lang bietet und befriedigt, ist einzigartig. Jeder Casting Director hat ja auch sein Spezialgebiet. Während für mich beispielsweise der Empfang der Filmakademie Baden-Württemberg ein Muss ist, da ich sehr viel mit Nachwuchsregisseuren arbeite, ist es für einen im internationalen Bereich tätigen Casting Director sicherlich die internationalen Events wie bspw. ein Senator-Empfang oder die Veranstaltungen der European Film Promotion (Shooting Stars). Ein Casting Director, der in Berlin sein Büro hat, wird sicherlich viele Besprechungen oder Castings vor Ort im Büro haben.
Welche Einstellung hast du gegenüber den Agentenempfängen?
Ich finde es wichtig, die Agenten, mit denen man täglich kommuniziert, und ihre Schauspieler auch mal persönlich kennen zu lernen. Im klassischen Casting-Alltag geht alles über Telefon und eben auch sehr hektisch zu. Solche Treffen bieten ein Pendant, dass man sich von Mensch zu Mensch trifft. Man bekommt im wahrsten Sinne des Wortes noch einmal ein anderes Bild des Schauspielers vermittelt, wenn man seine Unterlagen später im Büro betrachtet. Leider wird in Deutschland so wenig live gecastet, dass eine Besetzung oftmals nur aufgrund des bestehenden Materials vollzogen wird. Es ist ein tolles Angebot, dass wir diese Treffen bekommen. Es ist jedoch nicht mehr als ein Appetizer.
Wie steht es mit der Diskrepanz von der realen Person zu dem Material?
Ehrlich: sehr groß. Bezüglich so mancher Schönheitsfotografie könnte ich wahnsinnig werden. An dieser Stelle möchte ich sehr gerne die Gelegenheit nutzen und noch mal auf die Wichtigkeit des authentischen Materials eines Schauspielers eingehen. Stichwort: Alter. Das ist ein sensibles Thema besonders für die Damenwelt ab 30 Jahren. Am Schlimmsten ist es, wenn kein Alter angegeben wird. Bei der Menge an Schauspielern greifen Casting Directors oft bei der ersten Suche, um sich alle potentiellen Kandidaten ins Gedächtnis zu rufen, auf öffentliche oder ihre eigenen Datenbanken zurück. Alterseingabe + Geschlecht sind die ersten Einkreiskriterien. Fehlt dort die Altersangabe, hat die Schauspielerin sowie der Schauspieler keine Existenz. Sie fallen durchs Raster. Ebenfalls kann es nicht sein, dass beim Ergebnis nach der Suche von Schauspielern Mitte 20 Jahren eine Spanne von 20 Jahren ausgespuckt wird.
Was ist dir bzgl. Angaben bei Schauspielerunterlagen noch wichtig?
Bzgl. der Angabe von Dialekten kann ich nur raten: bitte den Heimatdialekt kennzeichnen. Genauso bei Sprachen: Muttersprachler oder nicht. Ein anderes Thema ist der Wohnort. Man differenziere bitte zwischen „ Wo ist der Schauspieler angemeldet (3 Monate lang)?" und „Wo ist er „buchbar ab?". Das ist wichtig wegen der Filmförderungen. Durch die freigegebenen Gelder sind wir manchmal verpflichtet, Schauspieler aus dieser Region zu nehmen. Hier wünsche ich mir einfach eine noch bessere Zusammenarbeit zwischen Schauspielern und dem Verständnis, wie wir arbeiten...müssen (!)
Wie wichtig ist das Demoband?
Das Demoband wird immer wichtiger. Erfahrungen meinerseits zeigen, dass Regisseure oft nur noch das Demoband haben wollen, ohne Vita und Fotos. Das Demoband hat eine Multifunktion übernommen. Daher rate ich jedem Schauspieler, neben einem aussagekräftigen Foto auf dem Cover vielleicht auch den Klappentext und den Coverrücken neben dem gängigen Angaben, wie Stand des Showreals (wie alt ist das Material, was ich in den Händen halte) und dem Kontakt, vielleicht noch weitere Fotos und die Vita raufzupacken.
Welchen Tipp würdest du Schauspielern geben, wenn Sie die Gelegenheit haben, dich auf der Berlinale zu treffen?
„In der Kürze liegt die Würze!" Ein natürliches und freundliches „Hallo". Nicht gleich drauf loslegen und alles erzählen, was man gerade macht. Man kann ja noch später an die kurze Begegnung anknüpfen. „Wir haben uns auf dem Empfang XY getroffen. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich meine Unterlagen mal unter xy anschauen. Spiele ab Herbst in den Münchner Kammerspielen, kommen Sie doch gerne vorbei. P.S. ich bin Gast am Theater, habe noch Freiraum für Dreharbeiten."
Das ist ein (!) Beispiel.
Bekommst du auf der Berlinale selbst Jobaufträge?
Mindestens ein Job kommt für mich schon zeitnah zustande. Eine direkte Kausalität von Treffen und ein Auftrag ist manchmal schwer zu entziffern. Man bleibt in jedem Fall in Erinnerung.
Wie fühlst du dich da als junger Casting Director in der Umgebung von so vielen „Alten Hasen" der Filmbranche?
Die „Alten Hasen" sind sehr nett zu mir! Es ist ja interessanterweise so, dass es neben den namhaften und langjährig im Geschäft tätigen Casting Directors eine neue Generation von „Jungen Hasen" gibt. Untereinander und generationsübergreifend ist der Umgang sehr freundlich und man tauscht sich auch aus. Klar! Ab einem bestimmten Punkt ist man Konkurrenz...
Hat sich etwas bei der Berlinale verändert, seitdem du zum ersten Mal da warst ?
Das Festival avanciert immer mehr zum A-Festival. Eine andere positive Veränderung ist sicherlich das Rauchverbot. Obwohl ich abends manchmal selbst gerne eine Zigarette rauche, ging es letztes Jahr gleich morgens früh mit dem Gestank los und das geht auf die Dauer und Dichte auch auf die Augen. Seit diesem Jahr kann man die Leute schneller „riechen" oder eben auch nicht;-)
Vielen Dank für das Interview!
Im Anhang finden Sie Hanna Hansens persönlichen Berlinale-Plan 2008.
Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der unter der Rubrik: Über uns.
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