Soforthilfe – wann droht eine Rückzahlung?
Die Soforthilfe startete Ende März zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie. Für viele war sie der Rettungsanker, der die meisten Unternehmen vor der Insolvenz schützte. Schnell und unbürokratisch sollte sie sein. Zehntausende haben die Soforthilfe beantragt und bekommen – ohne tiefgehende Überprüfung. Doch wer bei der Antragstellung das Kleingedruckte nicht (richtig) gelesen hat, muss die Soforthilfe unter Umständen (teilweise) zurückzahlen. Denn nur wer sich tatsächlich in einer existenz- bedrohenden Lage befand, hatte Anspruch auf die Soforthilfe. Neben der Rückzahlung der Soforthilfe können in manchen Fällen auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Die genauen Voraussetzungen für die Soforthilfe wurden nicht besonders gut kommuniziert und im Laufe der Wochen immer wieder aktualisiert und angepasst, wodurch nun viele Betroffene eine Rückzahlung befürchten. Ein weiterer Grund hierfür war auch, dass die Handhabung in einzelnen Bundesländern unterschiedlich war. Wegen unklaren Förderbedingungen droht also vielen Unternehmen und Solo-Selbstständigen die Rückzahlung.
Wofür dürfen die Soforthilfen verwendet werden?
Tatsächlich dürfen die Soforthilfen ausschließlich für Betriebskosten und nicht für Lebenshaltungskosten verwendet werden. Für die privaten Lebenshaltungskosten ist u. a. der „vereinfachte Zugang“ zum Arbeitslosengeld II oder Wohngeld vorgesehen. In Nordrhein-Westfalen dürfen Solo-Selbstständige unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Pauschalbetrag für Lebens- haltungskosten im März und April ansetzen. Auch Personalkosten dürfen nicht von der Soforthilfe bezahlt werden, denn dafür ist das Kurzarbeitergeld vorgesehen.
Folgende Betriebskosten dürfen von der Soforthilfe bezahlt werden:
Was ist eine existenzbedrohende Lage? Wie wird der Liquiditätsengpass berechnet?
Der Begriff der wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Liquiditätsengpass) und einer existenzbedrohenden Lage in Folge der Corona-Krise werden je nach Bundesland unterschiedlich definiert. In Nordrhein-Westfalen galt als wirtschaftliche Schwierigkeit, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorlag:
Für das Bundesland Berlin definiert die IBB (Investitionsbank Berlin) eine existenzgefährdende Wirtschaftslage sowie den Liquidationsengpass folgendermaßen:
„Ein Liquiditätsengpass besteht, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb der Antragsteller*innen voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pacht, Leasingaufwendungen) zu zahlen. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, wird angenommen, dass eine existenzgefährdende Wirtschaftslage besteht.“
Wenn die betrieblichen Ausgaben die Einnahmen in den drei Monaten ab der Antragstellung übersteigen, liegt ein Liquiditäts- engpass vor. In Höhe des Liquiditätsengpasses konnte der Zuschuss beantragt werden. Liquide Mittel oder Privatvermögen sind bei der Berechnung eines Liquiditätsengpasses allerdings nicht einzubeziehen. Der Liquiditätsengpass sollte am Tag der Antragstellung absehbar, musste aber noch nicht eingetreten sein. Nicht selten kommt es vor, dass sich innerhalb dieser drei Monate die Situation verbessert oder verschlimmert. Erwies sich der beantragte Zuschuss im Nachhinein als zu hoch, ist die Differenz zurückzuzahlen.
Rückmeldeverfahren in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen haben alle Antragsteller*innen automatisch die Höchstsumme von 9.000 Euro bzw. 15.000 Euro, unabhängig vom tatsächlichen betrieblichen Sachaufwand, erhalten. Im Nachgang mussten die Antragsteller*innen ihren betrieblichen Sachaufwand ausrechnen. Mit dem Ende des Förderzeitraumes hat Nordrhein-Westfalen das Abrechnungs- verfahren gestartet und ca. 100.000 der 426.000 Hilfeempfänger*innen um Rückmeldung ihres Liquiditätsengpasses gebeten. Dabei ergaben sich einige Probleme in den Abrechnungsvorgaben und das Rückmeldeverfahren ist bis zur Klärung angehalten. Das Rückmeldeverfahren wird voraussichtlich Ende November wieder aufgenommen. Die Betroffenen sollen bis Ende März 2021 Zeit bekommen, um die Soforthilfe zurückzuzahlen. Bei der Ermittlung des Engpasses sollen nach neuen Vorgaben nun auch Personalkosten, die nicht vom Kurzarbeitergeld abgedeckt sind, berücksichtigt werden. Ebenso sind gestundete Miet- und Pachtzahlungen, die im Förderzeitraum fällig waren, zu berücksichtigen. Bisher wurden alle Zahlungen berücksichtigt, die im Förderzeitraum flossen, auch wenn deren Leistung vor Corona war. Nun soll es die Möglichkeit geben, auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung abzustellen. Hohe einmalige Zahlungseingänge, die sich auf ein ganzes, zurückliegendes Jahr beziehen, können nun über einen Zeitraum abgesetzt werden. Die genaue Ausgestaltung wird derzeit noch mit Bund und Ländern besprochen. Generell soll es aber für die Steuererklärungen 2020 eine Anlage „Corona“ geben.
Für das Land Berlin ist derzeit noch kein Rückmeldeverfahren wie in Nordrhein-Westfalen in Planung. Die Zuschuss- empfänger*innen wurden gebeten, von sich aus den Liquiditätsengpass zu berechnen und die Überkompensation als sogenannten Rückläufer zurückzuzahlen. Auch ist nicht absehbar, ob die Erleichterungen für Nordrhein-Westfalen auch für andere Bundesländer gelten sollen. Jedes Bundesland hat da leider sein eigenes Süppchen gekocht, was die ganze Sache so kompliziert und undurchsichtig macht. Hier ist aber eine Übersicht über alle Bundesländer:
www.gruenderlexikon.de/soforthilfen-der-bundeslaender-im-ueberblick
Soforthilfen und Solo-Selbstständige
Besonders problematisch erweist sich die Situation für Solo-Selbstständige, denn sie haben keine oder nur geringe Betriebs- kosten. Sie haben selten Büro- oder Lagerräume und müssen auch nicht unbedingt teure Fahrzeuge leasen. Das Land Berlin hatte aus diesem Grund den Solo-Selbstständigen zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten einen Zuschuss in Höhe von 5.000 Euro gezahlt. Nach nur wenigen Tagen konnte dieser Landeszuschuss aber nicht mehr beantragt werden. Der Bundesregierung ist die Situation der Solo-Selbstständigen zwar kein unbekanntes Problem, etwas unternommen wird aber kaum. Für die Solo-Selbstständigen soll es einen vereinfachten Zugang zum Hartz IV geben. Das bedeutet, dass vor Inanspruchnahme von Hartz IV die Rücklagen nicht aufgebraucht werden müssen und auch Lebenspartner, die im gemeinsamen Haushalt wohnen, nicht für den Lebensunterhalt des Solo-Selbstständigen aufkommen müssen. In der Praxis erweist sich die Antragstellung für die Grundsicherung allerdings nicht als unbürokratisch und wird verhältnismäßig oft abgelehnt, unter anderen auch deshalb, weil eigene Mitarbeiter im Amt nicht geschult wurden. Auch die neu eingeführte Überbrückungshilfe hilft den Solo-Selbstständigen ohne fixe Betriebskosten gar nicht. In der Eile, mit der die Corona-Hilfen verabschiedet wurden, sind viele Fragen nicht abschließend geklärt und kommuniziert worden. Es bleibt abzuwarten, ob es von den einzelnen Bundesländern Lösungen geben und von Rückzahlungen abgesehen wird, sofern nicht in betrügerischer Absicht gehandelt wurde.
www.zeit.de/corona-krise-selbststaendige-hartz-4
www.spiegel.de/solo-selbststaendige-kaempfen-um-ihre-existenz
www.advocard.de/wann-droht-selbstaendigen-eine-rueckzahlung
www.spiegel.de/soloselbstaendige-fallen-bei-der-politik-hinten-runter
www.spiegel.de/was-koennen-solo-selbststaendige-tun
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