Steckbrief Patrick Dreikauss
Nach langjähriger Ausbildung zum Schauspieler und Schauspiel-Coach am Ron Burrus Actors Conservatory in Los Angeles, U.S.A., (nach Stella Adler / Stanislavsky-Methode) gründete Patrick Dreikauss im März 2001 die: New Talent Schauspielschule für Kinder u. Jugendliche: „Ein immer höherer Bedarf an Jungdarstellern in Film und Fernsehen verlangt nach geeigneten Trainingsmethoden für Kinder und Jugendliche. Internationale Standards sind gefragt. Anders als beispielsweise in England und Amerika, ist ein professionelles Angebot an Schauspielklassen inner- und außerhalb von Schulen nur wenig vorhanden. Kindern und Jugendlichen muss aber die Möglichkeit gegeben werden, auf die Anforderung, insbesondere bei Film- und Fernsehproduktionen, besser vorbereitet zu sein, ohne dabei ihre Natürlichkeit im Spiel zu verlieren.“ Um das zu gewährleisten und zu fördern, arbeitet Patrick Dreikauss seit einigen Jahren für Regisseure und Produktionen als Dialog-Regie-Coach am Set und als Kindercaster. Die Nachwuchsdarstelleragentur wird von seiner Frau Christiane Dreikauss geführt.
Du bist On-Set-Dialog Coach für Kinder und Jugendliche, Kindercaster und leitest eine Schauspielschule für den jüngsten Nachwuchs? Machst du das alles gleichzeitig?
Gleichzeitig schon, aber natürlich nicht allein. Alle Bereiche sind aufgeteilt und ich habe viel Unterstützung. Meine Frau Christiane Dreikauss, die selbst noch eine Kinder- und Jugendagentur mit einer freien Mitarbeiterin leitet, organisiert die Schauspielschule und meine Termine als Dialog-Regie-Coach. Wir sind ein gutes und eingespieltes Team. Wenn ich am Set arbeite, haben wir eine Lehrervertretung in der Schauspielschule. Die Castings für die Kinder und Jugendliche versuche ich oft auch an den Wochenenden zu organisieren, so dass für diese Kinder u. Jugendliche kein zusätzlicher Stress in der Schulwoche oder sogar Schulausfall nötig ist.
Was ist ein On-Set-Dialog Coach?
Tja, das ist eine gute Frage. Der Beruf Schauspielcoach oder besser Dialog-Regie-Coach ist ja kein wirklicher Beruf im klassischen Sinne. Somit kann sich eigentlich jeder Coach nennen, mit welcher Begründung/Referenz auch immer. Der Begriff Dialog-Regie-Coach ist nicht geschützt, leider. Ich kenne auch keine Schauspielschule oder Schauspiellehrer, wo man eine Bewerbung hin schicken könnte, um Dialog-Regie Coach zu werden. Ich hatte das große Glück, das ich in Los Angeles einen Lehrer gefunden habe. Ron Burrus ist der einzige Lehrer ist, der zehn Jahre als Assistent direkt an Stella Adlers Seite gelernt und gearbeitet hat und sein eigenes Schauspielstudio nach ihrem Tod eröffnet hat. Ron hat sich früh auf die Filmarbeit (Camera Acting/Cold Reading) konzentriert.
Wie wurdest du On-Set-Dialog Coach?
Nach meiner Ausbildung zum Schauspieler, ergab sich für mich die einzigartige Möglichkeit, für weitere zwei Jahre die Arbeit und Vorbereitung eines Schauspiellehrers und Dialog-Regie-Coaches an seiner Seite zu studieren. Ich glaube, diese Chance jemanden so eng und genau bei seiner sehr privaten Arbeit mit Schauspielern beobachten und helfen zu können, hat mit sehr viel Vertrauen zu tun. Ich habe schon immer, auch als Schauspieler, gerne viel Zeit hinter der Kamera am Monitor mit dem Regisseur verbracht, seine Sorgen/Aufregung/Freude/Wut beobachtet und mit gefiebert. Irgendwie muss man mir mein Interesse wohl angesehen haben und mich weiter zusehen lassen. So habe ich dann meinen ersten Job bei ViacomPictures und Disney als Dialog-Regie-Coach bekomen.
Wie kann man sich das Coaching konkret vorstellen, wie war bspw. die Arbeit mit dem kanadischen Schauspieler Robert Seeliger für „Sommer 04", unter der Regie von Stefan Krohmer?
Man muss sich erst in die Situation, in die Ängste des Darstellers in seiner Rolle und in die Vision des Regisseurs hineinversetzen um eine direkte/konkrete Verbindung zu schaffen. Stefan Krohmer hatte eine Vision/die irre Idee einen gar nicht deutsch sprechenden Darsteller für die Rolle zu besetzen um eine Authentizität in der Rolle zu finden. Robert Seeliger sprach gar kein deutsch, hatte aber, ohne dass er das selbst am Anfang wusste, eine Verbindung/ ein Gefühl zur deutschen Sprache. Er wusste nur nicht wie er diese Verbindung für sich und die Rolle nutzen konnte. In diesem Fall kam dann noch erschwerend dazu, dass ich erst 5 Wochen vor Drehbeginn „ins Boot" geholt wurde. Ich habe mit Robert als erstes nach dem Grund gesucht, neben vielen Sprach- und Schauspielübungen, warum die Rolle „Bill" überhaupt deutsch spricht. Eines Morgens wachte Robert auf und sagte: „Ich weiss jetzt für mich warum Bill nicht mehr in seiner Heimatsprache sprechen möchte, warum er das hinter sich gelassen hat und nach Deutschland gezogen ist." Von da an war es nur noch Disziplin und Fleiß, viel Fleiß. Ich denke, eine Sprache kann man lernen, Talent nicht.
Was ist dabei nun deine Aufgabe?
Ein Regisseur sagte mal zu mir: „Es gibt die Blickrichtungen des Regisseurs, die des Autors und die des Darstellers für eine bestimmte Rolle. Die alle sehe ich, aber es wird immer eine geben, die ich nicht sehe und darum brauche ich jemanden wie dich". Genau das finde ich spannend, eine weitere Perspektive bzw. weitere Möglichkeiten für Darsteller und Regie zu eröffnen.
Du wirst auch oft an den „Tatort" geholt. Wie schützt man Kinder vor Gewaltszenen?
In der Vorbereitung. Ich bespreche mit dem Regisseur die Auflösung bestimmter Szenen. Gemeinsam finden wir dann einen Weg, wie er die Bilder einfangen kann, ohne das das Kind bzw. der Jugendliche direkten Kontakt mit einer gestellten Gewaltszene hat. Es geht meistens um ein glaubhaftes Gefühl eine Reaktion, wie z.B. Angst, die in einer Nahaufnahme gedreht werden soll. Kinder und Jugendliche haben das Talent und können sich im Spiel alles Mögliche vorzustellen und glauben es. Man muss ihnen also keine realistischen, gewaltsamen Bilder in den Kopf setzen und zeigen, wie das bei Krimis und Dramen nun mal so ist. Sondern kann die benötigten Gefühle auch auf Umwegen und gelöst von der gespielten Situation erzeugen. Kinder brauchen um spielen und glauben zu können nicht immer eine 100%ige Begründung, warum jemand etwas tut. Es reicht ihnen oftmals, das was sie spielen ein Spiel ist und Spaß macht. Das ist das große Talent, dass sie erwachsenen Schauspielern voraus haben. Natürlich wissen viele Kids, auch wenn sie noch „kleiner" sind, dass das ja alles nur ein Film ist. Nichts desto trotz gehen sie mit diesen gestellten Bilder (z.B. blutige Leiche) nach Hause und es kann dann viel später zu Alpträumen und Ängsten kommen, wenn der Film lange vorbei ist.
Was umfasst den Beruf des Kindercasters?
Das finden, vorschlagen, fördern/ „heraus holen" und überzeugen von Nachwuchstalenten.
Welche Vorraussetzung sollte deiner Meinung nach ein Kindercaster mitbringen?
Man muss zum einen mehr Zeit und Geduld aufwenden. Man sollte nicht gleich davon ausgehen, dass der junge Darsteller weiß, was man von ihm möchte. Kinder haben meistens erstmal nur den Text angeguckt und gelernt. Meistens haben sie auch ihre Vorstellung. Für diese Ideen muss ihnen der künstliche Raum erst Mal nahe gebracht werden. Hinzukommt sie fürs Videocasting locker zu machen, wenn auch noch ein fremder Kameramann mit im Raum steht. Man sollte erstmal schauen, dass man sich die Zeit nimmt, damit sie sich wohl fühlen. Denn in diesen Momenten können sich die Kinder und Jugendlichen am Besten entfalten. Somit denke ich, dass man als Kindercaster eigentlich in irgendeiner Form schon mal was mit Kindern gearbeitet haben sollte, weil man dann diese gewisse Geduld ganz einfach mitbringt.
Was castest du aktuell?
Für die ARD das Märchen: „Frau Holle". Neben den beiden großen Hauptrollen der „Goldmarie" und der „Pechmarie" sind auch zwei Jungen zu besetzen: zum einen der Sohn der Wirtin und zum anderen den Sohn des Bauern. Hier wollten wir unbedingt neue Talente, gerne auch ohne jegliche Dreherfahrung, entdecken. Die Umsetzung der Rolle ist nicht einfach, da viel mit Computeranimationen gearbeitet wird und da wäre es erfahrungsgemäß schon gut, wenn man ein wenig Erfahrung besitzt. Der Regisseur findet es aber spannend, man muss sich eben auf das besondere am Märchen einlassen können.
Sind die Kinder heutzutage noch mit Märchen vertraut?
Die sind teilweise mit Ihren 14 schon so tough, das sie sagen Märchen interessieren mich nicht. Die kannten zwar alle Gott sei Dank noch Frau Holle. In Verbindung mit Fernsehen haben die natürlich gleich an die "ProSieben Märchenstunde" gedacht, wo diese Otto Walkes Geschichten laufen. Die ARD-Produktion soll schon mehr ein klassisches Märchen werden, bei der die Altersbegrenzung bei Null liegt, damit die Eltern sagen können unser Kind kann an diesem Sonntagnachmittag, ohne das wir das vorher kontrolliert oder gecheckt haben, den Fernseher einschalten. Es ist eher so in dem Stil der Märchen, die früher so in den 70gern heraus kamen, so wie „Drei Nüsse für Aschenbrödel". Das ist so unser Ziel.
Wie kommt man dann noch, last but noch least, dazu eine Schule zu gründen?
Ich fand es immer unfair, das von Kinder und Jugendlichen schon beim Casting und dann auch beim Dreh davon ausgegangen und verlangt wird, das sie wissen was sie tun. „Man möchte ein Kind mit möglichst viel Dreherfahrung, dass aber noch unbekannt ist!" Das bedeutete es war gar kein Platz für neue Talente da. Auch beim Casting gab es keine Zeit, dem neuen Darsteller zu erklären, was man eigentlich von ihm will. Schnell verliert dann ein Kind die Lust und findet Casting und Schauspiel doof und frustrierend. Wenn Kinder, wie bei jedem anderen ja auch, aber wissen was sie tun und was auf sie zukommt, können sie ganz phantastische Fähigkeiten und Momente entwickeln. Jemand muss sich aber die Zeit nehmen, ihnen dieses zu gewähren und zu erklären damit sie ihre Sicherheit und somit Natürlichkeit vor der Kamera oder auf der Bühne entfalten können. Daher die Schule.
Begegnen dir im Alltag viele Eislaufmütter?
Ja, manchmal. Ich versuche dieses aber so schnell wie möglich zu umgehen. Ich glaube, dass man nichts erzwingen kann.
Stehst du selbst noch vor der Kamera?
Ja, u.a. zuletzt in der ZDF-Produktion: „Mein Herz in Afrika" und in dem letzten Robert Atzorn „Tatort" Hamburg.
Glaubst du, dass wenn Kinder am Set sind, mehr Acht gegeben wird?
Bei allen Produktionen, bei denen ich dabei war, wurde besonderer Wert darauf gelegt, Rücksicht auf das Kind bzw. den Jugendlichen zulegen, - ja. Es hilft einfach auch, wenn die Produktion und Regisseur einen direkten Ansprechpartner an der Seite des Nachwuchsdarsteller haben, um bestimmte Probleme zu lösen. Das ist meine Erfahrung als Dialog-Regie-Coach.
Wenn du drei Regeln aufstellen dürftest, die man am Set, wenn Minderjährige vor Ort sind einhalten müsste, welche wären das?
Regeln und Gesetze stellt das Amt für Arbeitsschutz auf, das ist nicht meine Aufgabe. Aber wenn alle Filmschaffenden am Set und im Produktionsbüro sich vor Drehbeginn eines jeden Tages noch mal kurz klar machen, das der „kleine" Darsteller noch ein Kind (minderjährig!) ist, dem sie nun im Dreh-Arbeitsalltag begegnen, würde das oftmals helfen. Die gestellten Erwartungen an die jungen Darsteller sind oft sehr hoch, da sie sich oft schon wie „kleine" Profis verhalten und man meint es wäre schon o.k. und vergisst dann leider schnell, das es dann doch noch Kinder/ Jugendliche sind.
Was würdest du sonst noch gerne verbessern?
Das was jeder Regisseur und Darsteller gerne möchte, mehr Zeit. Mehr Zeit fürs Proben am Set. Aber zur Zeit sehe ich das nicht, eher das Gegenteil- leider.
Vielen Dank für das Interview.
Im Anhang finden Sie Patrick Dreikauss Vita und Statements von den Regisseuren Matthias Glasner und Thomas Bohn.
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Tina Thiele studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Kulturelles Management in Köln. Sie ist Chefredakteurin von "casting-network. Das Branchenportal". Mehr zu ihrer Person finden sie in der unter der Rubrik: Über uns.
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