Steckbrief:
Karin Dix wurde in Saarbrücken geboren und kam 1983 über London nach Hamburg. Ihre Karriere begann in der Kulturredaktion der Hamburger Rundschau. Sie wurde von Dieter Kosslick engagiert und half bei der Organisation des Low Budget Film Forums, Hamburgs erstem Filmfestival. Ihr professioneller Werdegang führte von der Produktionsarbeit bei der Frankfurter Filmproduktion über das Theater (Produzentin bei Kampnagel Hamburg, später internationales Produktions- und Tourneebüro mit diver- sen Künstlern u.a. Tiger Lillies und Victoria Chaplin) bis hin zur European Film Promotion (EFP). Sie entwickelte mit EFP das Projekt Shooting Stars, das im Laufe der Jahre zu einer der anerkanntesten Auszeichnungen für junge Schauspieler in Europa wurde. Neben diversen Film- und Diskuss- ionsreihen u.a. auch in Russland, betreut sie das International Casting Directors Network (ICDN), das aktuell 64 internationale Casting Directors aus 24 Ländern vereint. Ihr neuestes Projekt ist der European Casting Director Award in Kooperation mit dem Festival del Film Locarno.
Woher kam die Idee, einen europäischen Casting-Preis ins Leben zu rufen?
Die Mitglieder des Internationalen Casting Directors Network (ICDN) treffen sich während der Berlinale im Kontext unserer Veranstaltung European Shooting Stars. Hier hat sich 2005 auch das Netzwerk gegründet. Die Casting Directors spürten einfach die Notwendigkeit, sich auszutauschen und sich kennenzulernen. Manche hatten am gleichen Film gearbeitet, aber kannten sich nicht. Während der jährlichen Mitgliederversammlung im Rahmen der Berlinale werden unterschiedliche Themen diskutiert. Zum Beispiel das Budget oder die Art und Weise wie gearbeitet wird und was bezahlt wird. Es ist wichtig für die Casting Directors, die unterschiedlichen Arbeitsmethoden zu kennen. Die Preisspannen in den unterschiedlichen Ländern differieren stark. Ein weiteres Thema ist die Nennung im Abspann. An welcher Stelle steht das Casting bzw. wird es überhaupt genannt? Die Akzeptanz der nationalen Filmakademien gehört ebenso zum Thema wie die fehlende Einladung in die Jurys der Filmfestivals etc. Alles in allem gehört ein Casting Director noch immer nicht selbstverständlich zur Filmcommunity. Die Academy of Motion Pictures of Arts and Science (AMPAS) hat 2013 endlich einen neuen Zweig für Casting Directors gegründet. Zur Academy gehören mittlerweile einige der ICDN Casting Directors und ICDN Mitglied Lora Kennedy ist sogar Governor. Diese Entwicklung, Casting Directors mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und ihnen im künstlerischen Dasein die Anerkennung zu zollen, die sie verdient haben, wollte das ICDN tatkräftig unterstützen und vorantreiben. Das ICDN hat sich deshalb einen Preis gewünscht.
Es gibt aktuell nur einen deutschen Casting-Preis, der von der Deutschen Akademie für Fernsehen verliehen wird. Welche Intention steckt dahinter, einen internationalen Casting-Preis zu vergeben?
Die Internationalität des Preises erklärt sich einfach. Es gibt immer mehr internationale Produktionen, die auch ebenso besetzt werden müssen. Die European Film Promotion (EFP) stellt in Berlin seit Jahren internationale Schauspieler vor, die European Shooting Stars, die über die Landesgrenzen hinaus arbeiten wollen. Die Casting Directors der verschiedenen Ländern sind daran sehr interessiert. Natürlich ist jeder einzelne Casting Director auf die Szene seines eigenen Landes spezialisiert. In Berlin, und natürlich auch bei anderen Festivals, hat ein Casting Director aber auch die Möglichkeit, über die Landesgrenzen hinaus, Schauspieler, Produzenten, Regisseure, Agenturen etc. kennenzulernen. Ein Filmfestival ist immer eine gute Netzwerkmöglich- keit. In Berlin haben sich durch die Shooting Stars viele Aktivitäten parallel am gleichen Wochenende entwickelt. Es lohnt sich, dabei zu sein. Ein gutes internationales Netzwerk hilft bei der Arbeit. Für die ICDN Caster ist es von Vorteil, ihre Kollegen aus den unterschiedlichsten Ländern kennenzulernen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es viele Dinge vereinfacht, wenn man den Kolle- gen im Nachbarland mal um professionelle Hilfe oder einen Erfahrungsaustausch bei Kinoproduktionen bitten kann. Fernseh- filme haben wir in Locarno, in diesem Jahr zumindest, noch nicht berücksichtigt, obwohl das perspektivisch in Planung ist.
Nach welchen Kriterien wird der Casting-Preis vergeben?
Es gibt keine festgeschriebenen Kriterien für gutes Casting. Dennoch steht fest: Der Kinofilm darf nicht älter als zwei Jahre sein. Die Fachleute (die Mitglieder des ICDN) mussten sich einigen, was sie unter Qualität verstehen. Jedes europäische Land durfte einen Film nominieren. Das führte zu Diskussionen innerhalb des Landes. Gemeinsame Kommunikation ist nicht immer einfach. Aber letztlich hat es funktioniert und wir haben 18 Filme aus den unterschiedlichen Ländern und 21 vornominierte Casting Directors.
Wie läuft die Entscheidungsfindung ab?
Die Mitglieder des ICDN haben 21 Caster aus 18 Ländern, mit den entsprechenden Filmen, nominiert. Nur europäisch, obwohl die Mitglieder des ICDN auch aus nicht europäischen Ländern stammen (Russland, USA, Argentinien, Israel etc.). Alle Mitglieder durften abstimmen. Sieben Filme, die die meisten Punkte bekamen, wurden an Locarno weitergegeben. Das Festival hat eine unabhängige Fachjury eingesetzt, bestehend aus der Regisseurin Ursula Maier, dem ehemaligen Shooting Star Clotilde Coureau, und dem Produzenten Peter Rommel, die nun den besten Casting Director auswählen. Der European Casting Director Award ist eine Kooperation des ICDN mit dem Festival del Film Locarno. Ohne das Engagement von Nadia Dresti wäre nichts entstanden. Ich muss das hier mal erwähnen, denn wir sind im Filmbereich ein peoples business und durch das unermüdliche Engagement starker Persönlichkeiten entsteht eben etwas Neues. In diesem Fall haben wir einen tollen partner in crime gefunden. Wir freuen uns schon auf Locarno!
Wie schwierig ist es, einen internationalen Konsens zu finden, Leistungen zu bewerten?
Qualität ist immer subjektiv, vor allem im künstlerischen Bereich. Ja, es ist schwierig und wie bei jedem Preis werden nicht alle einverstanden sein. Ich glaube nicht, dass das eine Frage von national oder international ist. Es gibt einen guten Cast oder eben nicht. Es ist keine Frage der Landesgrenzen. Ein guter Cast sind nicht nur ein überzeugende Hauptdarsteller, es ist das Zusammenspiel der Kräfte, die Komposition, eben eine sehr emotionale Angelegenheit.
Können nur Mitglieder des ICDN den Preis gewinnen und haben Newcomer-Casting Directors überhaupt eine Chance gegen die „alten Hasen“?
Man sieht an den Nominierungen des ICDN, daß nur zwei Casting Directores des ICDN in der finalen Runde sind. Interessanterweise haben die „alten Hasen” oft gerade den Newcomern eine Chance gegeben.
Wann und wo wird die Preisverleihung stattfinden und gibt es schon einen Namen für den Preis?
Die Preisverleihung findet am 7. August 2016 beim Festival del Film Locarno mit anschließendem Empfang statt. Wir freuen uns über eine rege Resonanz. Wie es sich in Locarno gehört, bekommt der Gewinner einen Pardo und wir hoffen auf ein gutes Medien-Feedback. Vielleicht sollten wir einen Namen ausschreiben? Momentan heißt der Preis einfach European Casting Director Award!
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.
Diese sieben Casting Directors treten in den Wettbewerb um den European Casting Director Award:
www.pardolive.ch | www.issuu.com | www.efp-online.com
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